Psychische Erkrankungen können vielfältige Ursachen haben. Lassen sich aber Muster im Krankheitsverlauf von Patienten erkennen, die zu psychischen Erkrankungen führen, kann Menschen früher geholfen werden. Diesen Mustern, also Gesetzmäßigkeiten, sind ab sofort Mittweidaer Mathematiker der Arbeitsgruppe Computational Intelligence an der Hochschule Mittweida auf der Spur.
Die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Professor Thomas Villmann wird dazu in den nächsten Jahren von der Sächsischen Aufbaubank für 30 Monate mit insgesamt dreihundert Tausend Euro gefördert. Die Mittweidaer Forschung ist Teil eines Verbundprojekts mit der Universität Leipzig (Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), der GFS Gesellschaft für Statistik im Gesundheitswesen Radebeul und dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse und Informationssysteme IAIS in Bonn.
Professor Villmann und sein Team werden anonymisierte Gesundheitsdaten der Krankenkassen mit Methoden der Computational Intelligence analysieren, um charakteristische Gesetzmäßigkeiten, sogenannte Muster, im Krankheitsverlauf von Patienten aufzuspüren, die zu psychischen Erkrankungen führen. Das sind oft (psycho-)somatische Beschwerden mit unklarer oder nicht erkennbarer Ursache, die zu häufigem Arztbesuch führen. Aus solchen typischen Mustern des Krankheitsverlaufes sollen dann in Zusammenarbeit mit den medizinischen Fachkollegen und mit den Krankenkassenpartnern Handlungsstrategien und Therapievorschläge abgeleitet werde, die bei Vorliegen entsprechender Muster bei einem Patienten angewendet werden.
Die Mittweidaer Mathematiker stehen bei ihrer Arbeit vor mehreren Herausforderungen: Die somatischen Krankheitsverläufe können stark variieren, so dass einheitlich-charakteristische Muster nur schwer zu erkennen sind. Gleichzeitig besteht durch den psycho-somatischen Charakter der Symptome eine hohe Diagnoseunsicherheit seitens der medizinischen Diagnostik. Dieser Informationsunsicherheit in den Daten will Professor Villmann mit neuesten, an der Hochschule Mittweida unter seiner Leitung entwickelten Methoden der Klassifikation begegnen, die dem Nutzer eine entsprechende Information zur Klassifikationssicherheit bereitstellen. Diese Kompetenz war auch der Grund der beteiligten Partner, die Mittweidaer Forscher um Mitarbeit anzufragen.
Klassifikationssicherheit: Viele Daten sicher zuordnen
Bei der Klassifikationssicherheit geht es um die Frage, wie sicher sich ein mathematischer Algorithmus ist, ein Objekt, das heißt einen Patienten, richtig klassifiziert zu haben, und ob er sich gegebenenfalls selbst als "inkompetent" für ein gegebenes Problem einschätzen muss. Bei den Diagnoseassistenzsystemen, an denen Professor Villmann und sein Team arbeiten, treten solche Probleme auf, wenn es um Krankheitsklassifikation von Patienten an Hand von elektronisch gespeicherten Befunden geht. Sie finden sich aber auch in vielen anderen Anwendungsfällen, wo es um die sichere Zuordnung von Daten zu Sachgebieten geht und an denen die anderen Teilnehmer des Seminars arbeiten, zum Beispiel die automatische Bilderzuordnung zu Themengebieten in der Forensik oder spektraler Daten zu lokalen geophysikalischen und landwirtschaftlichen Bodenverhältnissen.
Ein Projekt mit einer ähnlichen Problemstellung aber unter Verwendung von psycho-physiologischen Daten wird durch Professor Villmann derzeit mit der Firma Philips Electronics Nederland B.V. Eindhoven paraphiert.
Probleme zur Mustererkennung mit Klassifikationssicherheit lassen sich aber auch in anderen technischen Systemen anwenden. So ist eine Zusammenarbeit mit der Porsche AG Stuttgart-Weissach über ein Promotionsprojekt mit dem Problem der Klassifikationssicherheit von Scheinwerfer-Modi seit März in Betreuung von Thomas Villmann, wo ähnliche mathematische Methoden und Modelle zum Einsatz kommen wie bei der Mustersuche in Patientenverläufen.
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