Digitalisierung hat unser Leben in den vergangenen Jahren verändert. Dabei hat der Prozess der digitalen Transformation in Gesellschaft und Wirtschaft erst begonnen. Wenn die Hochschule Mittweida sich mit Digitalisierung beschäftigt, dann tut sie das nicht nur in ihren ingenieur-, natur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Sie stellt auch ihr Handwerkszeug, ihre Methoden für die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten in die Diskussion: „Digital kompetent lehren und lernen“ war das Motto des vom Prorektorat Bildung der Hochschule ausgerichteten „Tag der Lehre“ am 17. Oktober.
Dabei ging es zum einem ganz praktisch um neue Methoden in der Lehre – zum anderen aber auch viel grundsätzlicher um die Zukunft der Hochschule. „Wir müssen viel flexibler werden angesichts zunehmend heterogener Studierendengruppen und Lebensmodelle“, sagte Rektor Ludwig Hilmer zur Eröffnung. „Unsere Studierenden kommen schon heute aus 50 Ländern und sind international mobil, sie kommen frisch vom Abitur, aber auch als Handwerksmeister zum Studium, sie stehen neben dem Studium im Beruf, in der Familie oder auch im Spitzensport. Digitalisierung gibt uns Möglichkeiten, auf die wachsenden Erwartungen und Ansprüche zu reagieren. Durch Innovationen in der Lehre begleiten wir bestehende Zielgruppen und erreichen neue Zielgruppen in ihrem gesellschaftlichen Wandel.“ Diese Flexibilität für ihre Studierenden und Innovationskraft im Blick auf die Lehrmethoden habe die Hochschule bereits in ihrer Gründungsphase vor 150 Jahren ausgezeichnet, so Rektor Hilmer.
Anreiz für Lehrende: Digitalpaket Lehre
Digitalisierung betrifft alle Kernbereich der Hochschule: Forschung, Lehre, Transfer und Hochschulmanagement. Entsprechend ihrer Hochschulentwicklungsplanung 2025 wird die Hochschule Mittweida die digitale Transformation in allen diesen Bereichen befördern und vernetzen. Für die Lehre heißt das: Vorhandene Ansätze zur Digitalisierung möchte die Hochschule bündeln und Lehrende zu Innovationen motivieren. Rektor Ludwig Hilmer: „Die Hochschule hat ein Digitalisierungspaket aufgelegt. Wir stellen unsere Anreizsysteme auf Digitalisierung um.“ Professor Volker Tolkmitt, Prorektor Bildung, ergänzte: „Anwendungsorientiert werden wir geschickt die traditionelle Hochschulpräsenzlehre mit „blended learning“ kombinieren“. Ziel bleibe, die Qualität des Studiums zu erhöhen und die akademische Markt- und Konkurrenzfähigkeit der Hochschule Mittweida auch für die Zukunft zu sichern.
Neue Möglickleiten für alle: Digitalisierung der Lehre
Zum Tag der Lehre hatte das Prorektorat Bildung sowohl hochschulinterne als auch externe Expertinnen und Experten eingeladen: Claudia Bremer, von der Goethe Universität Frankfurt am Main, sprach über den Einsatz digitaler Medien in der Hochschullehre. Sie stellte verschiedene E-Teaching-Möglichkeiten anhand des „student life cycle“ vor. „Neben einer Aktivierung der Studierenden in Selbstlernphasen sind auch die Umsetzung von kooperativen Lernszenarien oder die Vorbereitung und Entlastung von Präsenzveranstaltungen möglich, um die wertvollen Kontaktzeiten für Übungen, Anwendung, Diskussion und Reflexion zu nutzen.“ Professor Carsten Busch von der HTW Berlin hielt einen Vortrag zum Thema „Interaktive Technologien und Gamification in der Lehre“. Der Wissenschaftler hat hierzu in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Ansätzen entwickelt. Durch „Digital game based learning“ sollen Studenten effizienter und motivierter lernen. „So können auch unattraktive Themen wie Stöchiometrie spielerisch erlernt und verstanden werden.“
Nachahmen erwünscht: Ideenschmiede Lehre
In der Session „Ideenschmiede“ konnten Lehr- und Lerntüchtige an unterschiedlichen Workshops teilnehmen. Mit einem Online-Selbsttest testeten Studierende ihr Wissen zum Thema „Richtig wissenschaftlich Arbeiten“ oder erfuhren bei Claudia Hösel, Akademische Assistentin im Qualitätspaket Lehre-Projekt SEM an der Hochschule Mittweida, Grundlagen und Anwendungen über das Literaturverwaltungsprogramm Citavi. Von der Recherche und Verwaltung wissenschaftlicher Literatur, über das Sammeln und Organisieren von Wissen bis hin zur Planung der eigenen Abschlussarbeit, war für die teilnehmenden Studenten an diesem Nachmittag alles dabei.
Jana Riedel von der TU Dresden trug mit einem Workshop über E-Teaching zum Tag der Lehre bei. Dazu stellte sie verschiedene Werkzeuge vor und erklärte anhand von Lernszenarios, wie sie in den Hochschulalltag eingebunden werden können. Auch der Mittweidaer Professor Marc Ritter von der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften und Christian Roschke, Akademischer Assistent im Projekt SEM, beschäftigten sich im Rahmen der Session mit der Digitalisierung traditioneller Lehre und deren nachhaltiger Verwendung. Unter Einbezug von Gamification wollen sie Lerninhalte digitalisieren und damit modernisieren.
Neben den interaktiven Workshops und Vorträgen lieferte ein Erfahrungsaustausch zwischen den Lehrenden der Hochschule neue Impulse für die eigene Lehre. Michael Kuhl, Mittweidaer Professor für Systemelektronik, berichtete von seinen ersten Schritten als Lehrender im virtuellen Raum und über Erfahrungen, die seiner Meinung nach jeder selbst dabei machen sollte. „Denn: Probieren geht (in diesem Fall) über Studieren.“ Dem kam Marleen Mohaupt von der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften entgegen: „Ich gebe allen Kollegen recht, die sagen, es ist ein Mehraufwand. Der lohnt sich aber. Basierend auf den Resultaten von Online-Quizzen und Feedbackmöglichkeiten kann ich meine Lehre organisieren und immer wieder optimieren.“
Wie sich Online-Lerninhalte besonders für technische Disziplinen eignen, zeigte Constanze Hundt von der Fakultät Medien. Dafür berichtete sie von ihren Erfahrungen über E-Learning-Einheiten im Modul Audioschnittsysteme. Daran knüpften Undine Schmalfuß und Robert Knauf vom Institut für Mittelstandskooperation an der Hochschule Mittweida (MIKOMI) an. Sie stellten sogenannte Unterrichts- „Add-ons“ der Hochschule Mittweida vor. Diese Onlinetools ergänzen durch Videotutorien, digitale Bonusinhalte und interaktive Übungen den Präsensunterricht und sollen Inhalte individueller vermitteln.
Als Austausch- und Vernetzungsplattform soll das Format „Tag der Lehre“ auch im nächsten Beispiele guter Lehrpraxis sichtbar machen, neue Impulse für die Gestaltung von Lehre setzen und den konstruktiven Austausch zwischen den Lehrenden und den Lernenden befördern.
Alles andere als Improvisation: Gute Lehre und gute Betreuung
Der diesjährige Tag der Lehre ging am Abend im Herbert E. Graus Studio zu Ende: Hier verlieh die Hochschule zum ersten Mal den Mal den Preis für hervorragende Betreuung von Studierenden. Er ging an Marion Dienerowitz vom Akademischen Auslandsamt der Hochschule und an Erika Thieme von der Fakultät Soziale Arbeit. Ein separater Bericht hierzu folgt. Anschließend setzte die Theaterturbine Leipzig die Besucher im Fernsehstudio einer digitalen Transformation der besonderen Art aus. Das Improvisationstheater spielte nach hineingerufenen Ideen des Publikums Sketsche zum Thema Digitalisierung.
Text und Fotos: Lisa Prudnikow, Helmut Hammer