Internationale Begegnungen unter Lehrenden und Studierenden zweier viele tausend Kilometer voneinander entfernten Hochschulen sehen in Corona-Zeiten inzwischen ähnlich aus wie solche mit Kollegen und Kommilitonen derselben Hochschule: Man lehrt, lernt, arbeitet gemeinsam online über Videokonferenzen und Chat. Wesentlicher Unterschied: Man muss sich auf eine Zeit einigen, die für die einen nicht zu früh und die anderen nicht zu spät ist. Ein Problem, das sich lösen lässt. So war es bei der diesjährigen Frühjahrsschule im US-amerikanischen Rochester (Bundesstaat New York) vormittags und im sächsischen Mittweida nachmittags, als man sich traf.
Geplant war das Treffen vom 13. bis 27. Mai natürlich anders: Zum dritten Mal sollten Studierende des Rochester Institute of Technology (RIT) mit ihrem Professor Martin Anselm an die Fakultät Ingenieurwissenschaften nach Mittweida kommen und sich mit Kommilitonen und Dozenten aus Mittweida zum Thema „Automotive Electronics“ austauschen – und natürlich sich auch persönlich kennenlernen.
Doch inhaltlich konnte vieles von dem umgesetzt werden, was man sich vorgenommen hatte. Im Zentrum der Frühjahrsschule steht immer die Begegnung von deutschem und US-amerikanischen Automobilbau. Während die deutsche Industrie gerade den Vorsprung der Amerikaner in der Elektromobilität aufzuholen versucht, profitieren die Ingenieure in den Staaten von deutscher Erfahrung in Sachen Qualität und Nachhaltigkeit. Auch die für das autonome Fahren auf beiden Seiten des großen Teichs wichtige Sensortechnik oder die hochkomplexe Berechnung von Bauteilen waren Themen der Online-Vorlesungen und -Workshops.
Studium und Lehre sind an beiden Hochschulen derzeit nicht oder nur erheblich eingeschränkt in Präsenz möglich. Doch war die Online-Field-School natürlich für einige noch neu – zumal im internationalen Setting. So auch für Professor Frank Weidermann, koordinierender Professor der Frühjahrsschule an der Mittweidaer Fakultät Ingenieurwissenschaften: "Die diesjährige RIT Field School bedeutete für mich die erste internationale digitale Lehre – und damit gleich mehrere Herausforderungen: Online-Lehre von der heimischen Küche aus mit wenig Anschauungsmaterial und das in Englisch vor Muttersprachlern.“
Weidermanns Kollege Professor Martin Anselm vom RIT war angesichts der Hürden zufrieden: “This semester is likely one we will not forget for a very long time. My students and I have faced challenges and disappointments this semester that we could not have predicted. Despite these challenges, we still managed to participate via on-line platforms to host HS Mittweida in several joint classes and events. One highlight of our program was a series of automotive topic presentations that the RIT students prepared and shared with HS Mittweida’s faculty and students. I was very pleased with the presentation quality and that we were able to share our work through Zoom.”
Alle waren sich natürlich einig, dass die echte Begegnung und die realen Eindrücke von Deutschland zu kurz gekommen sind. Sarah Reader vom Institut für Kommunikation, Kompetenz und Sprachen (IKKS) der Hochschule Mittweida hatte in diesem Jahr die Herausforderung, über die Distanz etwas über deutsche Sprache und Kultur zu vermitteln: „Die Eindrücke der New-Yorker beim Besuch hier spielen für die Intercultural Introduction & German Quick Lessons immer eine große Rolle. Auch wenn wir nur einen kleinen Teil vom regulären Programm anbieten konnten, war es wieder spannend, auf die Fragen der RIT-Studierenden zum Leben und Alltag in Deutschland und zur deutschen Sprache einzugehen.“
Auch der für September dieses Jahres geplante Gegenbesuch aus Mittweida in Rochester musste verschoben werden. So ruhen die Hoffnungen auf einer Frühjahrschule in Mittweida im nächsten Jahr.