Bayerischer Journalisten-Verband zeichnet medienMITTWEIDA-Dossier aus
Bayerischer Journalisten-Verband zeichnet medienMITTWEIDA-Dossier aus
Der Bayerische Journalisten-Verband hat anlässlich des Tags der Pressefreiheit die Arbeit von Mittweidaer Studenten prämiert. Leon Heyde und Moritz Schloms gewannen in der Kategorie „Junger Journalismus“.
„Die Autoren haben sehr intensiv, äußerst verständlich und nachvollziehbar aufgeschrieben, welches Verhältnis zwischen Google & Co. auf der einen Seite und dem unabhängigen Journalismus auf der anderen Seite, besteht“, begründete die Jury die Auszeichnung. „Sie haben sich einem Thema gewidmet, das nicht nur die Finanzierung des Journalismus beleuchtet, sondern auch darlegt, welch enormes Gefahrenpotential für die Pressefreiheit besteht. Ein Stück, das aus Sicht der Jury gelesen werden muss.“
Schloms und Heyde widmeten sich der Google-News-Initiative im Rahmen ihres Medienmanagement-Studiums in einem dreiteiligen Dossier zum Thema „Finanzierung von Journalismus – was ist uns Unabhängigkeit wert?“, das sie auf medienMITTWEIDA, dem studentischen Online-Magazin der Fakultät Medien, veröffentlichten. Aufbauend auf einen Hintergrundbericht zur Google-News-Initiative, mit der Google sich als „Journalismus-Mäzen“ präsentiert, legten Heyde und Schloms in zwei separaten Kommentaren ihre Meinung zur der Journalismus-Initiative des US-Konzerns dar. Dabei gingen sie auch auf mögliche Konsequenzen einer solchen Form der Finanzierung ein: Wie unabhängig sind Medien, die von einem Konzern direkt gefördert werden?
„Krasses Missverhältnis zur Aufmerksamkeit“
„Unser Ziel war es, ein umfassendes Bild zu zeichnen. Google mag Gutes bezwecken, aber die mangelnde Transparenz der geförderten Verlage, wirft kein gutes Licht auf die Sache“, erklärt Schloms. „Als mich Leon anrief und fragte, ob ich mit ihm an diesem Thema arbeiten möchte, begann ich mir erstmal einen Überblick zu verschaffen. Recht schnell fiel auf, dass die Relevanz der Förderungen durch Google in einem krassen Missverhältnis zur medialen Aufmerksamkeit stand. Das überzeugte mich, dass Thema aufzugreifen.
Auch wenn Google keinen direkten Einfluss auf die Berichterstattung nehme, werde es nach Schloms Meinung die Vertrauenskrise, in welcher der Journalismus steckt, nicht lösen, wenn Medienunternehmen sich von Objekten der eigenen Berichterstattung bezahlen lassen. „Guter Journalismus darf nur seinen Lesern verpflichtet sein“, so Schloms, der aktuell ein Praktikum bei der Mehrwertmacher GmbH in Dresden absolviert.
Damit bleibt er seiner Aussage treu: Im Projekt „Lesewert“ misst das Unternehmen mit einem selbstentwickelten Scanstift Nutzerdaten von Printleser:innen. Dabei markieren die Konsument:innen beim gewohnten Lesen ihrer Zeitung jeden Text, den sie gelesen haben bis zu der Stelle, an der sie aufhören. Ausgewertet entstehen weltweit einzigartige Nutzungsdaten zum Leseverhalten in Print-Produkten, die den Verlagen erlauben, ihre Berichterstattung den Wünschen der Nutzer:innen anzupassen. Aktuell lassen sich etwa über 700 Leser:innen der Süddeutschen Zeitung über die Schulter schauen.
Unterschiedliche Meinung zur Google-News-Initiative
Ob die Verlage von Google mit seiner News-Initiative ausgeschüttete Geld annehmen sollten, beurteilen Schloms und Heyde übrigens unterschiedlich. „Google ist ein Unternehmen, das strategische Absichten verfolgt und kein älterer Milliardär, der als Mäzen die freie Berichterstattung fördert. Wie berichten Redakteur:innen, die wissen, dass sie selbst oder ihre Kolleg:innen nur durch die finanzielle Unterstützung Googles einen Arbeitsvertrag haben?“, so Schloms.
Sein Kommilitone Heyde hat Verständnis für Medienunternehmen, die sich um die Unterstützung durch Google bewerben: „Journalismus kostet Geld. Doch das Geld fehlt vielen Verlagen. Die Auflagen sinken seit drei Jahrzehnten, auch das Anzeigengeschäft ist für die Verlage problematisch. Der Journalismus braucht andere Finanzierungsquellen. Alternativen, um Inhalte im Netz anzubieten, für die die meisten Nutzer:innen nicht zahlen wollen.“
Dass die Google-Förderung des Journalismus nicht einfach schwarz-weiß zu beurteilen ist, wurde den Studenten bei medienMITTWEIDA klar. „Unsere Redaktion hat im Mai 2020 an einem virtuellen Training teilgenommen. Der Anbieter ist ein langjähriger Partner der Google-News-Initiative“, erklärt Heyde. „Inhalt des Trainings war die Nutzung von Google-Tools für die Recherche und Darstellung datenjournalistischer Themen. Einen Einfluss auf unsere Themensetzung gab es dabei nicht.“ Als im folgenden Semester bei einer Diskussion im Modul „International Management“ die Google-News-Initiative von Professorin Linda Rath thematisiert wurde, war Heyde hellhörig geworden: „Sie machte uns auch auf die Studie „Medienmäzen Google“ aufmerksam. Da sind wir uns der Tragweite dieses Förderprogramms bewusst geworden und haben uns als Redaktion kritisch und vor allem selbstkritisch mit dem Thema auseinandergesetzt.“
Gründlichere Untersuchung der Google-News-Initiative
Heyde beschäftigt die Google-News-Initiative weiterhin. Sobald sein aktuell laufendes Praktikum in der Unternehmenskommunikation der Penguin-Random-House-Verlagsgruppe in München endet, will er mit seiner Bachelorarbeit den Einfluss von Google auf den Journalismus weiter untersuchen. Auf seine Zeit bei medienMITTWEIDA blickt er positiv zurück. „Ich war als Redakteur tätig, habe als Lektor die Texte anderer Studierender redigiert und wurde dann Ressortleiter Story (heute Gesellschaft) und Ressortleiter Medien“, so Heyde.
Schloms „Werdegang“ beim studentischen Onlinemagazin war ähnlich: „Ursprünglich hatte ich geplant, nach einem Semester zu 99drei Radio Mittweida zu wechseln. Doch es gefiel mir bei medienMITTWEIDA und ich blieb. Besonders gut fand ich, dass die Redaktion komplett studentisch organisiert ist. Alle Posten wie die Chefredakteure und Ressortleiter:innen, sind von Studierenden besetzt, die Themensetzung erfolgt unabhängig. Vier Semester blieb ich bei medienMITTWEIDA, wurde erst Ressortleiter Media und in meinem letzten Semester Chefredakteur.“
„Höchst relevante Schnittstelle herausgearbeitet“
Aus Sicht Ihres für medienMITTWEIDA verantwortlichen Professors, Janis Brinkmann, ist die Auszeichnung der beiden Medienmanagement-Studenten verdient. „Das Ziel des Medienmanagement-Studiums in Mittweida ist einerseits, Anwendungswissen zu erlernen – hier ein relevantes Thema in Schrift und Bild aufzubereiten. Gleichzeitig vermittelt das Medienmanagement-Studium das theoretische Wissen, um Entwicklungen kritisch zu hinterfragen und einzuordnen“, so Brinkmann. „Beide Aspekte haben Leon Heyde und Moritz Schloms bestmöglich vereint. Sie haben zudem die höchst relevante Schnittstelle zwischen Journalismus und Medienökonomie in ihrem Beitrag vorbildlich herausgearbeitet. Dass ihre Arbeit vom Bayerischen Journalisten-Verband in dieser Form gewürdigt wird, freut mich daher sehr.“
Mit dem zum siebten Mal bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb zum Tag der Pressefreiheit will der Bayerische Journalisten-Verband das Thema der Pressefreiheit an die Öffentlichkeit bringen und sie für dieses wichtige Grundrecht sensibilisieren. In der Jury wirkten der Vorsitzende Michael Busch, seine Stellvertreterin Andrea Roth und die BJV-Schriftführerin Anne Webert ebenso mit wie die Vorsitzenden der Fachgruppen Bild, Thomas Geiger, und Online, Thomas Mrazek. Die Kategorie „Junger Journalismus“, in der die beiden Mittweidaer Studenten der Vertiefung Media and Business ausgezeichnet wurden, wurde im Jahr 2021 erstmals vergeben.
Der BJV-Preis ist bereits die zweite Auszeichnung für journalistische Projekte der Mittweidaer Medienmanagement-Studierenden binnen kürzester Zeit. Am 22. April hatte das multimediale Rechercheprojekt „Sturm über Chemnitz“ den Coburger Medienpreis in der Kategorie „Nachwuchs national“ erhalten. Die beteiligten 17 Medienstudierenden hatten sich mit ihrer Aufarbeitung der Proteste in Chemnitz im Jahr 2018 unter anderem gegen Beiträge aus den Redaktionen überregionaler Medienhäuser wie FAZ und Süddeutsche Zeitung durchgesetzt.