Wendepunkt Krieg, aber keine Zeitenwende in der Politik

Wendepunkt Krieg, aber keine Zeitenwende in der Politik

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Carlo Masala in der Mittweidaer Ringvorlesung am 18. April – ein Rückblick. Ausblick: Thema „Künstliche Intelligenz – Büchse der Pandora?“ am 9. Mai mit dem Mittweidaer KI-Experten Thomas Villmann.

Eine männliche Person mit entschiedener Mine vor einer schlecht geputzten Tafel, die Brille nach oben ins Haar geschoben, den linken Ellbogen auf ein Rednerpult abgestützt und die rechte Hand geöffnet, spricht zu einem im Bild nicht sichtbaren Publikum.
Prominent und kompetent: Dr. Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr, bei der dritten von sieben Veranstaltungen der Öffentlichen Ringvorlesung „Zeiten wenden“ an der Hochschule Mittweida im Sommersemester 2023.

Die Ringvorlesung an der Hochschule Mittweida blickt mit ihren Zuhörer:innen und Organisator:innen auf einen ebenso spannenden wie erkenntnisreichen Vortrag am 18. April von Dr. Carlo Masala zurück, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr, Autor zahlreicher Publikationen und medienpräsenter Experte. Unter der Überschrift „Krieg in Europa – Neue Außen- und Verteidigungspolitik?“ nahm er das Publikum in Mittweida mit auf den Weg einer Einordnung der Zeiten wendenden Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine vor allem im Blick auf die Außen- und Verteidigungspolitik.

Um es vorwegzunehmen: Bisher, so Masala, habe es keine Zeitenwende in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik gegeben. Das gelte – wenn auch nicht allein – für Deutschland , dessen Kanzler in seiner berühmten Rede auch nie direkt von einer Zeitenwende für die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik gesprochen habe. Nach anfänglichem Tempo fahre das Land ohne funktionierende Strategie inzwischen wieder auf Sicht. Die Zeitenwende geschehe vielmehr um uns herum.

Wendepunkt Ukraine-Krieg. Was macht diesen Krieg besonders?

Alle NATO-Staaten operieren im „Nebel des Krieges“. Alles sei dynamisch und in dieser Art völlig neu. Es ist der erste Angriffskrieg seit dem Zweiten Weltkrieg – und mit einer neuartigen nuklearen Bedrohung. Der größte europäische Flächenstaat mit seiner neo-imperialen Agenda überfällt den zweitgrößten. Dieser Krieg stelle das Ende einer seit 1975 mühsam aufgebauten europäischen Sicherheitspolitik mit gesicherten Grenzen souveräner Staaten dar und habe außerdem globale Auswirkungen und die Destabilisierung anderer unbeteiligter Regionen zur Folge.
Insofern sei dieser Krieg ein Wendepunkt.

Paradigmenwechsel im Nebel des Krieges

 „Es gab für diese Situation bisher keine Blaupause.“ Aber keine der beteiligten NATO-Regierungen habe, so Masala, kapitale Fehler begangen. „Alle haben es relativ gut hinbekommen.“ Die Waffenlieferungen, insbesondere die Panzerlieferungen, bedeuteten tatsächlich einen Paradigmenwechsel.

In der Diplomatie unterscheide sich Deutschland von den USA. Während dort als Druckmittel „all options on the table“ seien und damit Teil der Diplomatie, verstehe Deutschland den Einsatz von Streitkräften als Ultima Ratio im Sinne des äußersten Mittels, nachdem die Diplomatie versagt hat. Militärisch sei Russland zudem nur mit gut ausgebildeten Streitkräften und modernen Systemen zu begegnen, da der Westen mit der Menge an von Moskau mobilisierbaren Menschen und Material nicht gleichziehen könne – sofern sich in Russland kein Widerstand gegen eine solche Mobilisierung regt.

9. Mai: Künstliche Intelligenz – Büchse der Pandora?

Nicht erst und erstrecht nicht ausschließlich der Chatbot ChatGPT steht für die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI). Schon längst durchdringt und verändert KI das gesellschaftliche Leben, beeinflusst politische Prozesse und revolutioniert Entscheidungsstrategien. Die medizinische Diagnostik, autonome Transportsysteme und Prognosemodelle sowie nicht zuletzt Einkaufsempfehlungen im Online-Handel sind Anwendungsbeispiele für KI.

Der Mittweidaer Mathematik-Professor Thomas Villmann ist Experte für KI, berät auch den Freistaat Sachsen bei dessen KI-Strategie. Er gibt in der Vorlesung am 9. Mai interessante Einblicke in die Prinzipien und Möglichkeiten von KI – und zeigt sowohl die Grenzen als auch ethisch-soziale, pädagogische und juristische Konflikte auf.

Die Vorlesung findet ausnahmsweise nicht im 14-Tage-Abstand statt, sondern wegen des Maifeiertags erst am Dienstag, dem 9. Mai 2023 – von 17:30 Uhr bis 19:00 Uhr im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida, Bahnhofstraße 15.

Bürger:innen sind herzlich eingeladen, dabei zu sein und sich anregen zu lassen.

Alle Informationen zur zu den Vorträgen und Vortragenden der Öffentlichen Ringvorlesung: www.hs-mittweida.de/ringvorlesung

 

Inzwischen stehen die ersten zwei Vorlesungen auch zum Nachschauen auf dem Youtube-Kanal der Hochschule Mittweida zur Verfügung.