Konkret Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern
Konkret Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern
Praxisprojekt im Studium der Sozialen Arbeit mit der Stadtmission Chemnitz
Selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben ist ein hohes Gut, das aber leider nicht allen Menschen im Alltag gleichermaßen zukommt. Die Chancen auf Teilhabe und aktive Mitgestaltung zu verbessern, ist eine wesentliche Aufgabe Sozialer Arbeit. Entsprechend ist es wichtig für zukünftige Sozialarbeiter:innen, Lebenslagen und Bedarfe von Menschen zu erkennen, zu analysieren und daraus Rückschlüsse für ein professionelles Handeln zu ziehen. Im Bachelorstudiengang der Sozialen Arbeit an der Hochschule Mittweida spielen Lebensalter und Lebenslagen eine große Rolle über alle Semester hinweg. Im Studienmodul „Bewältigung von Lebenslagen“ zum Beispiel lernen die Studierenden, spezifische Belastungssituationen in Bereichen wie Gesundheit, Krankheit und Behinderung zu erkennen und mit Hilfe verschiedener Handlungsansätze zu reduzieren.
Lernen, Kompetenzen erwerben, um professionell zu handeln, geschieht im Studium in Mittweida nicht nur in der Theorie, sondern auch ganz praktisch. Das gilt für alle Studiengänge, nicht nur für die Soziale Arbeit, wo der Mensch im Mittelpunkt steht.
Im Sommersemester arbeiteten Studierende des 5. Semesters mit der Stadtmission Chemnitz zusammen, die unter anderem den Tagestreff „Club Heinrich“ und die Partner-Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) betreibt. Ziel war, die Chancen der Teilhabe von Menschen mit Behinderung kennenzulernen und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Arbeit mit Klient:innen
Dafür führten die Studierenden zwei Workshops in Chemnitz mit einer Gruppe von Beschäftigten mit Behinderung der WfbM zu den Themen Freizeit und Arbeit durch. Im April befragten sie diese beispielsweise zu ihrer gemeinsamen Freizeitgestaltung im Tagestreff und zu ihren Erfahrungen und Wünschen zu Gruppenreisen. Der zweite Workshop Ende Mai befasste sich mit dem Thema Arbeit und ihren Rahmenbedingungen. In Gruppendiskussionen beschrieben die Menschen mit Behinderung ihre Teilhabemöglichkeiten und ihre Wünsche nach Verbesserungen.
Die Studierenden werteten die Workshops aus und ordneten die bestehenden Teilhabemöglichkeiten der Menschen mit Behinderung den einzelnen Stufen der Partizipationspyramide von Straßburger/Rieger zu, die Vorstufen der Partizipation, Stufen der Partizipation und Eigenaktivitäten differenziert und begründet unterscheidet. Das Modell half den Studierenden, basierend auf den Workshopergebnissen und weiteren Recherchearbeiten, Maßnahmen für mehr Teilhabe zu erarbeiten. Diese stellten sie am 26. Juni 2023 in der Hochschule Mittweida den Menschen mit Behinderung und ihren Begleiter:innen vor.
Die Vorschläge wurden anschließend rege diskutiert. Im Fokus stand beispielsweise der Werkstatt-Rat, in dem Menschen mit Behinderung ihre Interessen in der Werkstatt vertreten. Um Neumitgliedern den Einstieg in dieses zentrale Teilhabegremium zu erleichtern, können, so der Vorschlag der Studierenden, nach dem Peer-Ansatz Mentor:innen mit Behinderung die Neueinsteiger:innen unterstützen. Auch eine Schnupperzeit für Interessent:innen wurde als geeignete Maßnahme vorgeschlagen.
Für die WfbM wurden ebenso Vorschläge für mehr Teilhabe erarbeitet: Eine Informationstafel mit den Sozialarbeiter:innen und andere Mitarbeiter:innen der WfbM kann den Menschen mit Behinderung die Kontaktaufnahme erleichtern. Regelmäßige Umfragen können dazu beitragen, dass die Essenswünsche der Menschen mit Behinderung in der Kantine stärker berücksichtigt werden. Werkstattleiter Heiko Wünsche freute sich über die Menge an Vorschlägen und bewertete viele von ihnen spontan positiv.
Win-win-Situation
Prof. Dr. Sebastian Noll, Professor für Sozialmanagement/Sozialwirtschaft an der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida, betreute die Arbeit der Studierenden während des Sommersemesters: „Unser Seminar ist eine Win-win -Situation: Zum einen haben wir für die Stadtmission Chemnitz Verbesserungsvorschläge erarbeitet, und die Menschen mit Behinderung können zukünftig von konkreten Verbesserungen ihrer Teilhabemöglichkeiten profitieren. Zum anderen haben meine Studierenden das Thema Teilhabe von Menschen mit Behinderung am praktischen Beispiel kennengelernt. Sie entwarfen die Workshopkonzepte, organisierten und leiteten die Termine und befassten sich intensiv mit der tatsächlichen Praxis vor Ort, um gelernte Methoden und Theorien anzuwenden und so selbst dazuzulernen.“
Wissenschafts-Praxis-Transfer gelingt so in beiden Richtungen. Dafür gibt es viele weitere Beispiele an der Hochschule Mittweida.
Die Fakultät Soziale Arbeit bietet das gleichnamige Studium als Bachelor- und Masterstudiengang an. Für beide gibt es jeweils eine Variante, die sich auch mit einer Berufstätigkeit verbinden lässt.