Forschung: Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologie in der sächsischen Finanzverwaltung
Forschung: Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologie in der sächsischen Finanzverwaltung
Hochschule Mittweida und Landesamt für Steuern und Finanzen kooperieren
Die sächsische Finanzverwaltung und die Hochschule Mittweida werden für eine wichtige Aufgabe gemeinsame Wege gehen: Künftig sollen Anwendungen von Künstlicher Intelligenz und Blockchain-Technologie für die Aufgabenbereiche der Finanzverwaltung erforscht und entwickelt werden.
Udo Stiwi, Vizepräsident des Landesamtes für Steuern und Finanzen (LSF), und der Prorektor Forschung der Hochschule Mittweida, Professor Uwe Mahn, unterzeichneten dafür heute in Chemnitz eine – zunächst auf zwei Jahre angelegte – Forschungskooperationsvereinbarung.
Anwendungsorienierte Forschung zu KI und Blockchain
Die Hochschule Mittweida ist maßgebender Standort für die anwendungsorientierte Forschung zu KI und Blockchain im Freistaat Sachsen und darüber hinaus. Das bereits im Jahr 2017 gegründete Blockchain Competence Centers Mittweida (BCCM) an der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften hat entscheidend dazu beigetragen, Mittweida und den Landkreis Mittelsachsen zu einer Schaufensterregion für Anwendungen der Blockchain-Technologie zu entwickeln, deren Sichtbarkeit mittlerweile weit über die Landes- und Bundesgrenzen hinausgeht.
Für beide Forschungsbereiche ist die enge Zusammenarbeit mit potenziellen Anwendern in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung selbstverständlich geübte Praxis. Auch die Kooperation von Hochschule Mittweida und LSF ist keine Einbahnstraße, sondern ein gegenseitiger Transfer, der auf beiderseitigem Nutzen und Wissenszuwachs ausgerichtet ist. Die sächsische Finanzverwaltung will den Steuervollzug durch Einsatz neuer digitaler Technologien einfacher und effizienter gestalten. Diese Herausforderung aus der Praxis fließt wiederum in Forschung und Lehre an der Hochschule ein. Mittweida als Standort für anwendungsnahe und fachübergreifende akademische Ausbildung von Fachkräften in Zukunftstechnologien wird so weiter gestärkt.
Stiwi zur Rolle von KI: „Sie ist eine der bedeutendsten Schlüsseltechnologien mit großen Chancen, nicht nur für die Finanzverwaltung. Mit der heutigen Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung konnte der Grundstein für eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Verwaltung gelegt werden. Darüber freue ich mich sehr. Gemeinsam kann es uns gelingen, diese Technologien weiterzuentwickeln und in konkreten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen zu überführen.“
Prädestiniert für den Einsatz neuer Technologien
Die Finanzverwaltung ist für einen umfassenden Einsatz dieser Technologien prädestiniert. Denn sie bieten beachtliches Einsatzpotential. Vor allem der zahlenreiche und spielraumarme Charakter des Steuerrechts, aber auch gleichförmige Massenverfahren sprechen für diese technologische Ausrichtung. Dazu kommen hohe Anforderungen an die Manipulationssicherheit der Daten. Potenzielle Einsatzbereiche sind dabei einerseits im Kontakt mit den Steuerpflichtigen wie zum Beispiel in Form eines virtuellen Beraters in Gestalt eines sog. Chatbots oder von Sprachinteraktionen zur Unterstützung bei Antragstellungen denkbar. Andererseits kann KI auch im sogenannten Back Office, d. h. in der Informationsverwaltung und -nutzung sowie bei der weiteren Automatisierung interner Abläufe der Finanzverwaltung unterstützen. Fälle können so durch Bedienstete effizienter bearbeitet und Entscheidungsprozesse beschleunigt werden, wenn z. B. eine sog. Wissens-KI verfügbar ist oder große Datenmengen mittels KI ausgewertet werden.
Konkret wird die Kooperation zunächst davon geprägt sein, auf der Grundlage vorhandener Forschungsergebnisse Konzepte für einen praxisnahen Einsatz von KI und Blockchain in der Finanzverwaltung zu entwickeln: So sollen u. a. Softwarelösungen des aus der Blockchain-Schaufensterregion Mittweida hervorgegangenen Projekts Blockchain Academy Mittweida auf die Anforderungen eines steuerlichen Kontrollinstruments angepasst werden. Vor dem Hintergrund zunehmender Attraktivität virtueller Währungen – insbesondere auch in der Erwartung erheblicher Kursgewinne – steht die Finanzverwaltung vor der Aufgabe, eine gleichmäßige Besteuerung derartiger Einnahmen sicherzustellen. Neben der Transaktionsnachverfolgung auf der Blockchain ist vor allem die Ermittlung und Kontrolle der steuerlichen Einkünfte eine nur mit technischer (KI-)Unterstützung realisierbare Herausforderung. Aber auch bei der Beurteilung von Sachverhalten und der Zusammenstellung einschlägiger Fundstellen bietet der Einsatz von KI-Technologie ein erhebliches Rationalisierungspotential. Routine- und Rechercheaufgaben sollen automatisiert werden, wodurch dringend erforderliche personelle Freiräume entstehen, um die grundlegenden Aufgaben der Finanzverwaltung auch in Zukunft erledigen zu können. So wird die Kooperation u. a. den Aufbau und die Erprobung von bereichsbezogenen »Wissens-KIs« beinhalten.