Die Stadt Mittweida mit ihren rund 15.000 Einwohnern ist ein gutes Beispiel für die aktuellen Probleme vieler Kleinstädte. Sie existieren nicht als die "ideale Mitte" im Wettbewerb zwischen (Groß-)Stadt und Land. Die demografische Entwicklung und neue Tendenzen im Verbraucherverhalten tragen zur Entleerung der kleinen Städte bei: Die Bevölkerung nimmt ab. Mittweida zum Beispiel hat in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 172 Einwohner pro Jahr verloren, und das trotz gestiegener Studierendenzahlen. Der zunehmende Leerstand in der Hauptgeschäftsstraße von Mittweida ist unübersehbar. Ähnliche Entwicklungen haben auch andere kleine und mittlere Städte zu beklagen. Die Hochschulstadt Mittweida ist aber auch in anderer Hinsicht ein gutes Beispiel für den Problemfall Kleinstadt: Hier beschäftigt man sich auch wissenschaftlich mit Antworten auf die aktuellen Herausforderungen.
So war also das neue Zentrum für Medien und Soziale Arbeit in Mittweida ein idealer Ort für das "Forum (Innen-)Stadt, Handel, Wohnen und ... ? Zwischen Nutzung und Entleerung - die Mitte neu erfinden?" am Mittwoch dieser Woche. Hochschule Mittweida und die GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH veranstalteten gemeinsam das hochkarätig besetzte Forum zur Stadtentwicklung, in dem es unter anderem darum ging, welche Funktionen kleine Städte heute noch zu erfüllen haben und welche Rolle die Stadt im gesellschaftlichen Leben in Zukunft spielen soll.
Auf den Veranstaltungsort spielte auch Matthias Damm, Oberbürgermeister von Mittweida, an: Er freute sich, die Teilnehmer auf dem Stadtcampus in der Campusstadt Mittweida begrüßen zu können. Das im vergangenen Jahr eingeweihte Zentrum für Medien und Soziale Arbeit der Hochschule mit seinem Standort mitten in der Stadt als bisher größte Einzelinvestition in Mittweida stehe für die positive Entwicklung der Hochschulstadt.
Zusammenwirken aller Akteure wichtig
In Eingangsreferat stellte Michael Köppl vom sächsischen Innenministerium den Handlungsbedarf aus der Sicht des Freistaats und die Strategie der Landesregierung vor. In Sachsen liege die Priorität auf der Förderung der Innenstädte. Die Ausstattung mit Finanzmitteln hierfür sei gut. Man könne auch Pilotprojekte fördern - auch Projekte mit guten Ideen, wie man Einzelhändler und Kneipen zurück in die Innenstädte bringt. Vorrangiges Ziel der Anpassung an die Demografische Entwicklung sei, die Innenstädte in ihrer Funktion zu stärken sowie kompakte und kulturhistorisch wertvolle Gebäude zu erhalten.
Professor Martin zur Nedden, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu), Berlin, stellte die Herausforderungen an die Städte und Innenstädte der Zukunft aus wissenschaftlicher Sicht vor, konzentrierte sich hierbei vor allem auf Großstädte. Das Thema Smart City rolle aber auf alle Städte zu. Smart City biete Chancen für Städte, müsse jedoch nicht technologielastig sondern auch im Blick auf die gesellschaftlichen Auswirkungen diskutiert werden. Unabhängig von der Größe der Städte gelte, es dass alle Akteure zusammenwirken.
Von guter Zusammenarbeit aller Akteure beim Thema Smart City aus seiner Stadt konnte Mittweidas Oberbürgermeister Matthias Damm berichten. Darunter sei die Hochschule der beste Partner, den man sich wünschen könne. Stadt und Hochschule arbeiten bei "Smart City Mittweida" lokal mit den Bürgern und Vereinen und regional und überregional mit den Akteuren der Wirtschaftsförderung, den Ministerien und anderen Institutionen zusammen. Damm stellte die Probleme mit Leerstand in der Rochlitzer Straße und die Bemühungen der Stadt vor, die über ganz Deutschland verstreuten Hauseigentümer zur Kooperation einzuladen. Damm folgten seine erzgebirgischen Amtskollegen Heidrun Hiemer aus Oelsnitz und Marcel Schmidt aus Stollberg mit Erfahrungsberichten und Statements aus ihren Städten.
Diskussionen in drei Podien, jeweils moderiert von GMA-Geschäftsführer Dr. Eddy Donat, befassten sich aus unterschiedlicher Experten-Perspektive mit dem Problemfall Stadt:
Unter der Überschrift "Treffpunkt Stadt" diskutierten Wissenschaftler über die Funktion von Städten, die "Stadt als Wirtschaftsfaktor" war Thema der Experten aus Immobilenwirtschaft, Projektentwicklung, kommunaler Wirtschaftsförderung und dem Einzelhandel. Die Frage "Was erwarten wir?" beantwortete schließlich die Abschlussrunde aus drei Perspektiven: aus der Sicht der Stadtplanung, aus der Sicht der Wirtschaftsförderung und aus der Sicht der Stadtentwicklung.
Kleinstadt als Herausforderung an die Wissenschaft
Der Mittweidaer Professor für Facility Management Jörg Mehlis als Mitorganisator zieht eine positive Bilanz dieser ersten Veranstaltung ihrer Art in Mittweida : "Die Komplexität der gesamtstädtischen Entwicklung ist in der Veranstaltung mit den Referenten aus den unterschiedlichen Themenfeldern deutlich geworden. Aber so konnten nicht nur die vielfältigen Schwierigkeiten aufgezeigt werden, sondern auch gute Lösungsansätze der einzelnen Akteure."
Jan Schaaf, Professur für Immobilien- und Gebäudemanagement an der Hochschule Mittweida, bestätigt: "Die Tagung hat sich im 'Wissenschaftsjahr 2015 - Zukunftsstadt' thematisch breit der Zukunft der Stadt gewidmet und gleichzeitig deutlich gemacht, dass für die zukünftigen Herausforderungen der Stadtentwicklung gerade in den Klein- und Mittelstädten noch Forschungsbedarf besteht. Dies gilt für viele Bereiche, angefangenen von der Daseinsvorsorge über Urbanität bis hin zur ganzheitlichen Smart City-Konzeptionen. Die Hochschule Mittweida ist aber mit der Stadt Mittweida und anderen Partnern auf einem guten Weg, diese wissenschaftliche Lücke zu füllen."
Zum Studiengang "Immobilienmanagement und Facilities Management"