"Meet the New Boss" ist der Titel der Ausstellung und das gleichnamige Werk ihr erster Blickfang. Es empfängt den Besucher im Lichthof des Hauptgebäudes der Hochschule Mittweida. Seit gestern zeigt der in Südfrankreich lebende deutsche Künstler Benjamin Liepelt hier rund 40 Arbeiten, darunter Ölgemälde, Acyl auf Leinwand und Mixed Media.
Die Bewältigung der Vergangenheit, nicht die Vergangenheit selbst ist Liepelts Thema. Im Jahr 25 der deutschen Wiedervereinigung und 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Ausstellung keine weitere Geschichtsschau. Die Vergangenheit ist vielmehr Benjamin Liepelts Treibsatz für die künstlerische Arbeit, die Geschichte ist sein Fundus, aus dem er sich bedient, und die Betrachter zur Auseinandersetzung herausfordert.
"Diese Bilder bieten brisanten Stoff. Sie beschäftigen sich mit verbrannter Erde, gebrannten Kindern - und den erkennbaren Narben, die noch die Enkel nach den Brandherden und Brandstiftern fragen lässt. Wir alle, nicht nur in Sachsen, haben allen Anlass, offen darüber nachzudenken, warum das Thema der Sozialen Brandstiftung sich mit Wiedervereinigung und Millenniumswechsel nicht erledigt hat. Die feinfühligen Bildkompositionen, die thematisieren, was in unseren Köpfen vor sich gehen mag, können dabei helfen", so Ludwig Hilmer, Rektor der Hochschule Mittweida.
Benjamin Liepelt wurde 1958 in Bonn geboren. Dort hat er Kindheit und frühe Jugend verbracht. Aber die meisten Lebensjahre verbrachte er in den USA. Er war in Manhattan zuhause.
Er gehört zu jener Generation, deren Eltern Kriegskinder waren. Was er vom Nationalsozialismus weiß, weiß er, wenn er Glück hatte, von seinen Eltern und Lehrern. Vermutlich aber hat er sich das meiste Wissen selbst erarbeitet - damit auch die Erkenntnis, dass Vergangenheitsbewältigung, zitiert als die Suche nach dem "Neuen Boss", beiderseits des Atlantiks ein lebenslanger schmerzhafter Prozess ist.
Liepelt mischt den kritischen Blick auf Paradoxien und Absurditäten in der ihn umgebenden Welt gelegentlich mit angelsächsischem Humor New Yorker Prägung. Davon bleibt auch die alte Heimat nicht ausgespart. So sind seine Gedanken nach wie vor im Ursprungsland verwurzelt. Viele Arbeiten zeugen von skeptischer Empathie für deutsche Befindlichkeiten.
Deutsche Befindlichkeiten sind auch das Thema der Veranstaltung zum 9. November an der Hochschule Mitweida, die, so Rektor Ludwig Hilmer, bewusst an den Ort dieser Ausstellung gelegt wurde:
Stürmischer 9. November
Im Rahmen der Ausstellung lädt die Hochschule Mittweida für Dienstag, den 10. November 2015 um 17:00 Uhr zur Diskussion "Bruch - Brand - alles offen? - Stürmischer 9. November" ein.
Es geht im Lichthof des Hauptgebäudes um ein turbulentes Datum - den 9. November und die Frage: Was wird aus Deutschland? Demokratische Republik, sozialistisches Revolutionsregime oder faschistische Diktatur? Das ist die deutsche Frage im 20. Jahrhundert. Der 9. November ist ein Symbol für Zerstrittenheit, für die Brüche der Zeit, gespiegelt im Leben der Menschen, in politischen Debatten, in Wissenschaft und Kunst.
Es diskutieren:
• Dr. Eva-Maria Stange, Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst
• Prof. Dr. Dr. h.c. C. Wolfgang Müller, Sozialarbeitswissenschaftler, TU Berlin
Ausstellung bis Ende Januar 2016
Die Ausstellung ist bis Ende Januar 2016 im Lichthof des Carl-Georg-Weitzel-Baus der Hochschule Mittweida (Haus 1) am Technikumplatz zu sehen, jeweils Mo-Fr, 8:00 bis 18:00 Uhr, (geschlossen vom 22.12.15 bis 03.01.16). Der Eintritt ist frei.
Das Begleitbuch zur Ausstellung und zum Werk Benjamin Liepelts sowie Kunstkarten sind in der Hochschule erhältlich.
Die Ausstellung wird gezeigt in Kooperation mit Weise Galerie und Kunsthandel, Chemnitz