„Über die Sorge um das gemeinsame Haus“ stand über der dritten Veranstaltung zur Ringvorlesung zum Thema „Konkrete Utopien“. Pater Hermann Kügler, Ordenspriester und Pastoralpsychologe aus Leipzig, widmete sich der Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus, die im Sommer 2015 veröffentlicht wurde. Franziskus schreibt über die aktuelle ökologische Krise und über deren Ursachen. Er legt ein Konzept der ganzheitlichen Ökologie vor, die sich nicht nur auf Natur- und Klimaschutz beschränkt, sondern auch das "große Ganze" im Blick hat.
Hermann Kügler beschrieb in der Vorlesung nicht nur die aktuelle Entstehungsgeschichte der 222 Seiten umfassenden Enzyklika, er zeigte auch, wie deren Geist mit den biografischen Wurzeln des lateinamerikanischen Papstes „der Armen“ verbunden ist. Papst Franziskus dezidiert sein Pontifikat mit Franz von Assisi und verbindet sein Amt mit der sogenannten katholischen Befreiungstheologie. So nimmt die Enzyklika auch Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) auf, das in den 60er Jahren bereits theologische aber auch politische Antworten auf die moderne Gesellschaft gesucht hatte.
Kügler zeigte, wie dieser „unorthodoxe“ Papst auch unorthodoxe Antworten auf die drängenden ökologischen Fragen sucht, indem er theologisch-spirituelle Fragen mit wissenschaftlichen Argumenten der Klimaforschung verbindet. Außerdem verknüpft er die ökologische Krise mit der Frage nach arm und reich und setzt auf Dialoge mit den Menschen statt auf bloße dogmatische Vorschriften, die in der katholischen Kirche verbreitet sind. Franziskus verbindet die ethisch-moralische Ansprache mit konkretem alltagspraktischem Handeln. All dies geht zunächst an die Adresse der katholischen Kirche selbst, die lange als Institution im Überfluss schwelgte. Es soll aber auch in die Gesellschaft hineinwirken, den Einzelnen wie auch die Politik erreichen, die Kirche will nicht „selbstreferentiell“ bleiben.
Die Enzyklika hat viel positive Resonanz auch außerhalb der Kirche erfahren, ebenso harsche Kritik. Zwei bedeutende Auslassungen der Enzyklika benannte Kügler: die Nichtthematisierung des übermäßigen Fleischkonsums mit seinen ökologischen Folgen und die Frage der Überbevölkerung mit der brisanten Frage der Schwangerschaftsverhütung. Das Publikum nahm all dies interessiert, mit wachen und kritischen Fragen und Kommentaren auf.
Landwirtschaftliche Utopie – Zwischen Mensch, Tier und Natur
Billig sollen die Lebensmittel sein, aber dennoch qualitativ hochwertig; Tierschutz und Tierwohl sollen großgeschrieben werden, aber bitte mit weniger Subventionen; wirtschaftlich soll sie sein und der Umweltschutz darf auch nicht zu kurz kommen – all diese Forderungen und Ansprüche unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen werden an die Landwirtschaft gestellt. Wo aber bleibt der Mensch und wo das Tier? Mit dieser Frage wird sich Philipp Wenz, selbstständiger Berater für stressarmen Umgang mit Weidetieren, Milchvieh- und Rinderhaltung und Ökologischen Landbau, an diesem Mittwoch befassen. In seinem Vortrag wird er Perspektiven für ein gutes und harmonisches Miteinander von Mensch, Tier und Natur diskutieren.
Diese nächste Vorlesung unter dem Titel „Landwirtschaftliche Nutztierhaltung - Wider den Sirenenruf von Markt und Technik“ findet am Mittwoch, dem 13. April, um 18:15 Uhr im Hörsaal 39-041 (Peter Schütt Hörsaal) im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit (Bahnhofstraße 15) statt. An der linken Gebäudeseite ist ein barrierefreier Zugang.