Der vierte Vortrag der öffentlichen Ringvorlesung "Konkrete Utopien" stand unter dem Thema "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung - Wider den Sirenenruf von Markt und Technik".
Philipp Wenz, selbstständiger Berater für stressarmen Umgang mit Weidetieren, Milchvieh- und Rinderhaltung und Ökologischen Landbau sprach am vergangenen Mittwoch über das Miteinander von Mensch und Tier. Plastisch stellte er das Prinzip Low-Stress-Stockmanship vor. Im Mittelpunkt steht dabei ein stressarmer Umgang mit Weide- und Nutztieren, vor allem mit Rindern, ohne sie zu erschrecken und zu verängstigen.
Philipp Wenz ist selbst Agrarwissenschaftler und Landwirt aus Mecklenburg-Vorpommern und praktiziert diese Methode des "Kuhflüsterns" seit Jahren. Zurückzuführen ist die Methode auf den amerikanischen Cowboy Bud Williams. Sie basiert auf einer Haltung des Vertrauens und Respekts den Tieren gegenüber. Die Methode arbeitet mit sensibilisierter Wahrnehmung, dezenten Köpersignalen und minimalen Gesten, um mit den Rindern (Mutterkühen) zu "kommunizieren".
Etwas "Utopisches" hat dieses Prinzip deshalb, so Wenz, weil es dem normalen Empfinden und der Routine von gestandenen Landwirten zunächst entgegensteht. Aber Wenz ist in seiner Motivation unermüdlich: Er möchte mit Vorträgen und Präsentationen die alternative Methode auch anderen Landwirten näherbringen. Überzeugend ist dieser Ansatz nicht nur, weil er den ethischen Umgang mit dem Nutztier propagiert - den Tieren geht es besser, weil sie weniger gestresst und traumatisiert sind - , sondern weil er die Produktion qualitativ besseren Fleisches und ein effizienteres Wirtschaften als die konventionelle Viehwirtschaft ermöglicht. Dennoch vermag diese Methode den eklatanten Teufelskreis einer sich zu Tode produzierenden Hightech-Landwirtschaft nicht einfach zu durchbrechen, die auf Kosten der Tiere und der Landwirte immer mehr und immer billiger produziert. Am Ende dieser Kette muss der bewusste Kunde stehen, der weniger aber dafür qualitativ hochwertige Produkte konsumiert - eine konkrete Utopie.
Ostdeutschland - ein Experimentierfeld für konkrete Utopien!?
Im 5. Vortrag der Ringvorlesung wird in dieser Woche Hans-Peter Hiepe über 25 Jahre Deutsche Einheit und die damit vielfach verbundene Vorstellung vom "Aufbau Ost" als einer großen investiven Herausforderung referieren: Straßen, Kommunikationsnetze, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Verwaltung und Unternehmen. Das Bild vom "Bauen" (Aufbau) wurde ergänzt durch eine volkswirtschaftlich-konvergenztheoretische Annahme, die die freudige Erwartung implizierte, dass es der Markt schon richten werde - ein scheinbar naturgesetzliches Versprechen.
MinR Hans-Peter Hiepe leitet im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Referat 114 "Regionale Innovationsinitiativen; Neue Länder". Die BMBF-Innovationsinitiative "Unternehmen Region" ist eine konkrete politische Antwort auf die Frage nach der Zukunft Ostdeutschlands, ihrer Gestaltung und Entwicklung, nach eigener Art - und wo möglich, ohne Benchmark West.
Diese nächste Vorlesung mit dem Titel "Politische Förderung zwischen Utopie und Pragmatismus" findet am Mittwoch, dem 20. April, um 18:15 Uhr im Hörsaal 39-041 (Peter Schütt Hörsaal) im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit (Bahnhofstraße 15) statt. An der linken Gebäudeseite ist ein barrierefreier Zugang.