Die Neuen Bundesländer als "Experimentierfeld für konkrete Utopien" - davon war am vergangenen Mittwoch aus berufenem Munde Spannendes zu erfahren.
In der fünften Vorlesung der aktuellen Ringvorlesung an der Hochschule Mittweida sprach Hans-Peter Hiepe, Referatsleiter im BMBF, über "Politische Förderung zwischen Utopie und Pragmatismus".
Hiepe ist nicht nur vertraut mit der politischen Förderung im Osten, sondern selbst seit 15 Jahren ein engagierter Akteur der Innovationsförderung in den Neuen Bundesländern. In seinem lebendigen Vortrag rekapitulierte er die Ausgangslage im Osten nach der Wende zwischen - zwischen der Utopie "blühender Landschaften", nachholender Modernisierung, Deindustrialisierung, Selbstheilungserwartungen des Marktes, konjunkturellem Aufschwung etc. Dies war vor allem von einem Geist der Übertragung westlicher Muster auf östliche Landschaften geprägt. Dies hat neben Anpassungsleistungen und -erfolgen vor allem auch zu Verkrustungen und zum Warten auf den "Deus ex Machina" geführt. Das machte eine Öffnung des Blickes dringend notwendig - auf Menschen und Regionen.
Diesem Geist einer Revitalisierung folgte das Projekt "Unternehmen Region" des BMBF, das inzwischen zu einer Reihe beeindruckender "konkreter Utopien" vor allem zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geführt hat. Das "Geheimnis" dieses Erfolges ist die Mischung - aus Akteursoffenheit, dem Erkennen endogener Potentiale in der Region, unternehmerischem Impetus und dem Vertrauen auf Menschen. So konnte z.B. aus dem Traditionshandwerk der Plauener Spitze - fast undenkbar - ein Zukunftsmarkt für technisches Sticken erschlossen werden. Dass politische Förderung dennoch ein schwieriges und nicht risikoarmes Geschäft ist, hat die anschließende Diskussion gezeigt: Sie bedarf eines utopischen Überschusses an Hoffnung aber auch risikobewussten Pragmatismus, sie kann Entwicklungen nur anstoßen und nicht ersetzen.
Diesen Mittwoch: Kinder nach Maß - neue Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin
Gleich aus zwei Perspektiven beleuchten die Juristin Professor Christina Niedermeier und der Biologe Professor Röbbe Wünschiers das Thema dieser Woche.
Das eigene Kind wird in unserer Gesellschaft zunehmend als Repräsentant für ein erfülltes und glückliches Leben betrachtet. Der Kinderwunsch ist daher in den unterschiedlichsten familiären Konstellationen stark ausgeprägt. Hierauf antworten Biologie und Medizin mit einer breiten Palette an Möglichkeiten. Das Recht muss auf die sich daraus ergebenden Fragen antworten - welche Rolle spielen Samenspende, Leihmutterschaft und weitere Formen der Befruchtung? - Wer sind "Eltern"? Dem soll insbesondere auch am Beispiel der Änderung rechtlicher Regelungen aktueller Entscheidungen nachgegangen werden. Die Reproduktionsmedizin wiederum könnte viel mehr leisten, als "nur" einen Kinderwunsch zu erfüllen. Von der Hautfarbe bis zum IQ kann und könnte gewählt werden. Aber ist der Biologie des Erbguts zu trauen? Und - weitergedacht - könnte aus biologischer Sicht eine ausschließlich aus Übermenschen bestehende Gesellschaft funktionieren?"
Diese nächste Vorlesung mit dem Titel "Kinder nach Maß - neue Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin" findet am Mittwoch, dem 27. April, um 18:15 Uhr im Hörsaal 39-041 (Peter Schütt Hörsaal) im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit (Bahnhofstraße 15) statt. An der linken Gebäudeseite ist ein barrierefreier Zugang.
Weitere Informationen zur 3. Öffentlichen Ringvorlesung an der Hochschule Mittweida hier