Unter dem Titel „Kinder nach Maß - neue Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin“ ging die Ringvorlesung „Konkrete Utopien“ am vergangenen Mittwochabend in die nächste Runde. Diesmal – ein Novum – referierten mit Christina Niedermeier und Röbbe Wünschiers gleich zwei Wissenschaftler, beide Professoren an der Hochschule Mittweida. Die Juristin aus der Fakultät Soziale Arbeit und der Biochemiker und Molekularbiologe aus der Fakultät Angewandte Computer‐ und Biowissenschaften öffneten unterschiedliche Perspektiven auf die Möglichkeiten, aber auch auf die Grenzen der Fortpflanzungsmedizin. Dabei zeigte sich vor allem, dass das Recht den naturwissenschaftlich-technischen Möglichkeiten vielmals hinterherhinkt.
So haben die gesetzlichen Krankenkassen das traditionelle Familienbild einer heterosexuellen Paarbeziehung vor Augen. Auch die Präimplantationsdiagnostik ist in Deutschland grundsätzlich strafbar. Ausnahmen gibt es nur bei einer einschlägigen Veranlagung von Mann oder Frau. Christina Niedermeier zweifelte daran, dass solche und andere Verbote sinnvoll und zielführend sind, mit denen der Gesetzgeber aber bisher auf entsprechende Fragen antwortet.
Röbbe Wünschiers machte klar, dass bei der Frage nach den „Wunschkindern“ Eugenik und die Züchtung von Menschen nicht nur mitschwingen, sondern den Kern des Diskurses ausmachen. Doch was ist wirklich technisch möglich? Auch wenn neue Verfahren, wie das Crispr-Cas9-System (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) ein Editieren des Erbguts ermöglichen, so sind komplexe Konzepte, wie beispielsweise menschliche Intelligenz, weder einfach zu definieren, noch biotechnologisch umzusetzen.
Beide Wissenschaftler waren sich einig darin, dass die rechtlichen Einschätzungen zu einer „Produkthaftigkeit“ von menschlichem Leben führen könnten. Wenn man sich ausmalt, was der kapitalistische Markt eventuell aus den technischen Möglichkeiten macht, dann wären wir bei dem umgekehrten Konzept als dem der Ringvorlesung – der „unkonkreten Dystopie“.
Dem Vortrag der Mittweidaer Professoren folgte die vielleicht lebhafteste Diskussion der bisherigen Ringvorlesungen, die sicher auch noch länger hätte fortgeführt werden könnte.
Es wird kriminell am 11. Mai
Wegen des folgenden Feiertags (Christi Himmelfahrt) gibt es am 4. Mai keine Ringvorlesung. Erst am 11. Mai setzt der Mittweidaer Bioinformatiker und Studiendekan des Forensik-Studiengangs Professor Dirk Labudde die Reihe fort:
„Utopie oder Realität? Kommissar Computer – Ermittlungsergebnisse auf Knopfdruck“.
In der heutigen Zeit fallen in der täglichen forensischen Fallarbeit Unmengen an digitalen Daten an: Texte, Nachrichten, Bilder und Videos. Es ist keine Seltenheit, dass Ermittler und Forensiker 30 Terabyte Daten zur Auswertung erhalten. Ist es möglich diese Massendaten mit Hilfe von Ansätzen aus TextMining und DataMining fallbezogen auszuwerten? Sind forensische Ontologien und deren Semantik ein geeignetes Mittel zur Analyse und Visualisierung? Können Computer bei der Verifizierung von forensischen Hypthesen genutzt werden?
Diese nächste Vorlesung mit dem Titel „Utopie oder Realität? Kommissar Computer – Ermittlungsergebnisse auf Knopfdruck“ findet am Mittwoch, dem 11. Mai, um 18:15 Uhr im Hörsaal 39-041 (Peter Schütt Hörsaal) im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit (Bahnhofstraße 15) statt. An der linken Gebäudeseite ist ein barrierefreier Zugang.
Weitere Informationen zur 3. Öffentlichen Ringvorlesung an der Hochschule Mittweida hier