Intelligente Autoscheinwerfer, die automatisch und punktgenau den Lichtspot auf Personen am Straßenrand lenken und gleichzeitig den Gegenverkehr nicht blenden, Bankautomaten, die „Blüten“ erkennen, Analysewerkzeuge in der Forensik, die in riesigen Datenmengen Täterprofile ausmachen oder in der Medizin die Suche nach auffälligen Mustern in Blutspektren für die Krebsanalyse ermöglichen – das alles sind Anwendungen maschinellen Lernens und Computational Intelligence. Sie spielen in vielen weiteren Bereichen eine wachsende Rolle und helfen Menschen effizienter, kreativer und sicherer zu leben und zu arbeiten.
Seit einigen Jahren forschen Mittweidaer Wissenschaftler auf diesem Gebiet. Eine neue Ära hat aber am 6. Dezember mit der Gründung des Sächsischen Instituts für Computational Intelligence und Machine Learning (SICIM) begonnen.
Das neue Institut an der Hochschule Mittweida wird die Forschung an maschinellem Lernen intensivieren und gleichzeitig durch interdisziplinäre Zusammenarbeit erweitern. Angesiedelt an den Fakultäten Angewandte Computer- und Biowissenschaften und Ingenieurwissenschaften wirken auch Wissenschaftler anderer Fakultäten der Hochschule und externe Forscher mit.
Der Mathematiker Professor Thomas Villman von der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften ist einer der beiden Direktoren des SICIM. Er betont: „Zweck und Aufgaben des Instituts sind die Vernetzung und Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen auf dem Gebiet der Computational Intelligence und des maschinellen Lernens. Das Institut versteht sich als organisatorische Einheit, um Forschung, Lehre und Anwendung auf diesem Gebiet an der Hochschule Mittweida zu profilieren und zu bündeln.“
Alexander Lampe, Professor für Signal- und Systemtheorie an der Fakultät Ingenieurwissenschaften, ist der zweite Direktor und erklärt: „Zunächst wird es zwei Kompetenzbereiche geben: die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung geleitet von mir und der Kompetenzbereich Theorie geleitet von Professor Villmann. Das SICIM will Menschen aus Wissenschaft und Industrie dazu befähigen, die Potentiale modernster Machine-Learning-Lösungen anwendbar zu machen.“
Computer lernen aus Erfahrung – Vielfältige Anwendungen für Computational Intelligence
Maschinelles Lernen und menschliches Lernen funktionieren im Grunde ähnlich: Wissen entsteht aus Erfahrung. Beim maschinellen Lernen sorgen Algorithmen und Verfahren für die Extraktion von Wissen aus Erfahrung. Ein technisches System lernt aus Beispielen und kann diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. So kann das Problem beim nächsten Mal besser gelöst werden.
Die Anwendungsgebiete des maschinellen Lernens sind vielfältig. Ein populäres Beispiel ist das autonome Fahren. In diesem Umfeld forscht Professor Thomas Villmann unter anderem in Zusammenarbeit mit Kollegen der Porsche AG am Entwicklungszentrum Weissach an intelligenten Scheinwerfersteuerungen und intelligenter Sensorik. Die verlässliche Verbindung von Informationen verschiedener Sensoren wie dem Regensensor, Abstandssensor oder Kameras mit GPS-Signalen und digitalen Karten ermöglichen assistiertes Fahren mit besserer Vorausschau. Andere aktuelle Projekte sind die Entwicklung von selbstlernenden Materialprüfungssystemen oder die sichere und korrekte Erkennung von Banknoten durch Geldautomaten. Auch in der Energiewirtschaft, in digitalen Medien und Netzwerken bis hin zu den Bio- und Geowissenschaften sowie in der Ökologie und Landwirtschaft spielt maschinelles Lernen eine Rolle.
Rektor Ludwig Hilmer betonte bei der Gründungsveranstaltung die herausragende Bedeutung des Forschungsfeldes für die Hochschule Mittweida in der zunehmenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Prorektor für Forschung Uwe Mahn stellte zudem den Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft als zentrales Anliegen der Hochschule in den Mittelpunkt der Aufgaben des Instituts.
Mehr als fünfzig Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft waren der Einladung zur Gründungsveranstaltung gefolgt. Lutz Eigenfeld von NVIDIA-Deutschland betonte, dass die Hochschule Mittweida mit dem SICIM einzigartig im Bereich des maschinellen Lernens für Sachsen sei und NVIDIA als Hardware-Hersteller eine enge Kooperation anstrebe. Ausschlaggebend dafür sei vor allem die internationale Spitzenforschung, die von Professor Villmann im Bereich der theoretischen Forschung zum maschinellen Lernen geleistet wird. Prof. Detlev Müller, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Mittweidaer IMM Gruppe, verwies auf die Bedeutung von Innovationsstandorten wie der Hochschule Mittweida als Motor der regionalen Wirtschaft und erwartet vom SICIM ebenfalls neue Impulse. Und auch die Industrie- und Handelskammer zeigte reges Interesse an einer Kooperation, insbesondere an Weiterbildungsangeboten für Unternehmen.
Die Arbeit hat schon begonnen
Ein erster SICIM-Workshop hat bereits am 11. Dezember stattgefunden: „Intelligente Objekterkennung mit CNN (Convolutional Neural Network)“. Im Januar geht es mit dem Workshop "Bioinformatics meets Machine Learning" weiter. Im Frühjahr und im Herbst wird es je eine Weiterbildungsveranstaltung zum Thema Maschinelles Lernen geben, die sich konkret an Wirtschaftsvertreter richtet. Auch nach innen wird das Institut seine Arbeit im kommenden Jahr intensivieren und eine Nachwuchsforschungsgruppe gründen.
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