Zehn Millionen Zuschauer, ein Marktanteil von 35,4 Prozent – für die Tagesschau kein Grund, sich zurückzulehnen. Denn auch Journalisten der ARD werden immer wieder mit Kritik und Vorwürfen konfrontiert - besonders in Sachen Themenauswahl und Glaubwürdigkeit. Ihren Zuschauern und den Kritikern unter ihnen ein Stück näher kamen Verantwortliche der Tagesschau am 31. Mai an der Hochschule Mittweida. Hochschulangehörige und Bürger waren zum Dialog unter dem Motto „Mittweida, wir müssen reden! – Tagesschau on Tour“ eingeladen.
Rund 150 kamen ins Studio B und diskutierten mit ARD-aktuell Chefredakteur Dr. Kai Gniffke, Nachrichtensprecher Jan Hofer, Korrespondent Danko Handrick und Social-Media-Redakteurin Julia Kuttner.
„Wie wählen Sie Ihre Themen aus?“ „Ist es öffentliche Grundversorgung, bei Facebook aktiv zu sein?“ „Wie gehen Sie mit staatlicher Propaganda um?“, waren Fragen, die die Tagesschau-Macher in dem von Professor Horst Müller erfrischend moderierten etwa 90-minütigen direkten Dialog beantworteten.
Dr. Gniffke hatte den Dialog zuvor mit einer direkten Frage eröffnet: „Schauen Sie die Tagesschau?“ und das Publikum eingeladen, Themen zu benennen, die ihnen ihrer Meinung nach in der Tagesschau fehlen. „Warum liegt der Fokus auf den alten Bundesländern?“, „Nach welchen Themen selektieren Sie?“, „Wie gehen Sie eigentlich mit Fehlern um?“ waren nur einige der weiteren Fragen. Die Teilnehmer im Studio erfuhren, wie die Tagesschau überhaupt entsteht, warum viele Beiträge einen westdeutschen Bezug haben und warum die Prüfung von Quellen heute wichtiger ist als jemals zuvor.
Chefredakteur Dr. Gniffke zeigte sich im Anschluss zufrieden angesichts eines lebendigen Austauschs mit den Zuschauern: „Erstmals haben wir den Dialog mit unserem Publikum so direkt geführt. Dank der perfekten Organisation der Hochschule Mittweida ist diese Premiere sehr positiv verlaufen.“ Die Tagesschau-Macher sind nun gespannt auf die Auswertung der Meinungen, die die Studenten zusammengetragen haben.
Forschung für die Tagesschau
Lehrende und Studierende im Master-Studiengang Media and Communication Studies (MCS) hatten die Veranstaltung gemeinsam mit ARD-aktuell organsiert. ARD-aktuell produziert die "Tagesschau" und die "Tagesthemen". Seit 2017 kooperieren die Nachrichtenprofis aus Hamburg mit der Hochschule Mittweida. Das Studium bekommt so einen stärkeren Bezug zur Praxis. Themen der Kooperation sind die Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zeiten sich wandelnden Mediennutzungsverhaltens, verstärkter Konkurrenz durch Streamingdienste, Veränderungen des Journalismus in der Wissensgesellschaft und Analysen von Zielgruppen.
Verbesserung des Nachrichtenangebots
Veranstaltungen wie die erste "Tagesschau on Tour" begleiten und ergänzen die wissenschaftliche Arbeit. „Die Anregungen und Fragen der Menschen helfen uns, unsere Nachrichtenangebote noch besser zu machen“, erklärte Dr. Gniffke. Daher sei der Kontakt zu den Nutzern sehr wichtig und wird zukünftig noch weiter ausgebaut. „Die Veranstaltung war sicher erst der Auftakt zu weiteren Events dieser Art“, erklärte Dr. Gniffke.
Intensive Diskussionen in Workshops
Im Anschluss an die öffentliche Diskussionsrunde nutzten die Studenten die Gelegenheit, einige Besucher in Kleingruppen zu Nutzungsverhalten, Glaubwürdigkeit und Themenauswahl der Tagesschau zu befragen. Die Interviewteilnehmer erzählten beispielsweise, dass sie einen Mix von digitalen Tagesschau-Angeboten wie App und Mediathek und linearem TV nutzen. Auch die Themeninteressen der Zuschauer und die Glaubwürdigkeit der Nachrichtensendung standen im Mittelpunkt: Die Nutzer sprachen über ihre individuellen Wünsche und von hohem Vertrauen in die Marke Tagesschau.
Das Fazit der Studenten fällt am Ende des Abends ebenfalls positiv aus: „Wir sind erleichtert, dass die Veranstaltung so gut angenommen wurde. Viele Gäste haben mit der Tagesschau offen diskutiert und auch in den Workshops haben wir aufschlussreiches Feedback zu den Angeboten der Tagesschau bekommen", resümiert MCS-Studentin und Co-Moderatorin Daniela Möckel.
Text: Verena Jahn, Helmut Hammer
Fotos: Helmut Hammer