Wenn zwei sich finden. Ein großer Konzern sucht akademischen Nachwuchs, der zu ihm passt; fündig wird er in Mittweida. Gleichzeitig finden die Studentinnen undStudenten im Studiengang „Immobilienmanagement und Facilities Management“ im Weltkonzern Siemens schon während des Studiums die Chance, an echten Projekten mitzuarbeiten. Sie zeigen, was sie können, und im Idealfall sehen sie ihre Ideen auch verwirklicht.
Beim jüngsten Praxisprojekt ging es darum, ein Gelände der Siemens AG in Erlangen weiterzuentwickeln. Dabei sollten die rund 50 Studentinnen und Studenten des vierten Semesters Immobilienkonzepte für die Siemens Real Estate (SRE) Nordbayern erstellen, die nachhaltig und wirtschaftlich sind.
Projektstart war im April in Erlangen. Drei Monate später, im Juli, präsentierten sie am selben Ort die elf in Gruppen erarbeiteten Konzepte.
„Wir sind begeistert von Ihren tollen Ideen“, resümierte Otto Haas, Leiter von SRE Nordbayern.Er und seine Kollegen hatten allerdings die schwere Aufgabe, sich für das beste Konzept zu entscheiden: Dem Team „Coliwo“ mit Angelina Köhler, Nicole Estenfelder, Maximilian Schröder und Max Seifert sei es gelungen, so Silvio Richter aus der Siemens-Jury, „ein wirklich neues Konzept darzustellen, das die Zukunft der Arbeit und die Zukunft der gewünschten Arbeitsweise der nächsten Generation abzuholen vermag.“
Das Projektteam hat in seinem Konzept ein vierstöckiges sogenanntes Mixed-Use-Gebäude entwickelt, also ein Gebäude für eine gemischte Nutzung. Konkret soll es sowohl zum Vorzeigeprojekt für Co-Working in Erlangen werden, als auch Co-Living-Angebote bereitstellen. Das heißt, es sollen dort zum einen unterschiedliche Firmen und Projekte gemeinsam arbeiten, zum anderen soll es Menschen in Ein- bis Zwei-Personen-Appartements für kurze oder längere Aufenthalte zusammenbringen, die bestimmte Flächen gemeinsam nutzen – zum Beispiel fürs Kochen oder für die Fitness. Das Sieger-Team „Coliwo“ habe damit die eigenen Interessen für ein Arbeiten und Leben in der Zukunft konsistent ausgearbeitet und diese überzeugend dargestellt, so die Jury. Besonders hob sie auch die engagierte und professionelle Präsentation hervor.
Etwas einfacher hatte es Jan Schaaf, Professor für Immobilien- und Gebäudemanagement, der die Arbeiten seiner Studentinnen und Studenten „nur“ benoten und keine Reihenfolge vergeben musste. Seiner Meinung nach hat die Zusammenarbeit zwischen SRE und Hochschule einen erheblichen Mehrwert: „Die Mittweidaer Studieninhalte passen anders als die ähnlicher Studiengänge genau zum Aufgabenprofil der Siemens Real Estate. Für das Unternehmen bedeutet das passenden akademischen Nachwuchs. Das bestätigen erste Erfahrungen mit Absolventinnen und Absolventen bzw. Werkstudentinnen und Werksstudenten aus Mittweida.“
Für die Studierenden und späteren Absolventinnen und Absolventen bringt die Zusammenarbeit Theorie und Praxis zusammen. Der hohe Anwendungsbezug im Studium wird durch solche realenProjekte greifbar, und der frühe Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern erleichtert den Berufseinstieg.
Praxis-Check statt Praxis-Schock
Theoretische Grundlagen für die Entwicklung ihrer Konzepte im Praxisprojekt brachten die Studentinnen und Studenten unter anderem aus den vorangegangenen Studienmodulen „Architektur und Gebäudekonstruktion“, „Immobilienbestandsmanagement“ und „Immobilienvertragsrecht“ mit. So konnten sie „extrem gut vorbereitet“ zum Projektstart nach Erlangen fahren, bestätigt Hans-Peter Wellke, der als externer Personaldienstleister die Hochschul-Kooperation mit der SRE koordiniert und das aktuelle Praxisprojekt begleitet hat. „Sie hatten sich mit den Objekt- und Umgebungsdaten des Immobiliengeländes nicht nur bereits vertraut gemacht, sondern auch fundierte Fragen mitgebracht und diese mutig gestellt.“
Das Projekt im vierten Semester ist nicht die erste Begegnung mit der Praxis für die Studentinnen und Studenten aus Mittweida: Schon für das erste Semester gibt es eine Exkursion nach Erlangen. Dabei besichtigen dich Mittweidaer Studienanfänger unterschiedliche Immobilien und Projekte sowie gebäudetechnische Anlagen und kommen gleichzeitig mit Berufseinsteigern ins Gespräch. „In aller Regel bestärkt so ein Praxischeck, sich für den richtigen Studiengang entschieden zu haben“, sagt Schaafs Kollegin Anika Dittmar, Professorin für nachhaltiges Bauen und Betreiben.
Wenn zwei sich finden, kann daraus auch eine längere Beziehung werden. Otto Haas von SRE bestätigt: „Wir haben erlebt, dass die jungen Leute den Ball gerne und dankbar aufgenommen haben. Sie wollten und haben sich in diesem Projekt wieder ein Stückchen auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet. Solche engagierten, theoretisch fundierten und praxisorientierten Leute suchen wir.“
Studiengang mit Blick auf den Lebenszyklus einer Immobilie
Es müssen viele Rädchen ineinander greifen, damit ein Immobilienprojekt zur Erfolgsgeschichte wird:Immobilen müssen nachhaltig sein, sich rechnen, die Umwelt schonen und die Lebenswelt der Menschen verbessern, die in ihnen leben und arbeiten.Der fachübergreifende Bachelor-Studiengang „Immobilienmanagement und Facilities Management“ mit dem Abschluss „Bachelor of Engineering“ verknüpft hierfür Technik und Wirtschaft.Immobilien- und Facilities-Managerinnen und -Manager haben einzelne Gebäude und ganze Immobilienprojekte über deren gesamten Lebenszyklus hinweg im Blick:vonder Idee über den Bau bis zur laufenden Nutzung und Verwertung.
Fotos: Hans-Peter Wellke