Bereits am 6. November stellte die Hochschule Mittweida mit dem „Tag der Lehre“ eine ihrer Hauptaufgaben in den Mittelpunkt der eigenen Reflektion. Dazu holte sie sich auch Kompetenz von außen, um unter der Überschrift „Lernen im Wandel - Lehren aus der Wende“ aktuelle Herausforderungen der Lehre identifizieren, zu diskutieren und anzunehmen. Das 30jährige Jubiläum des Mauerfalls gab den zeitlichen Horizont vor für den Rückblick auf den enormen Wandel, den Hochschulbildung seitdem erfahren hat – einen Wandel, in dem sie nun mit der Digitalisierung und einer Generation von mobilen und mit dem Internet aufgewachsenen Studierenden (und Lehrenden) wieder – oder nach wie vor – steckt.
Das passende Bild für diesen Wandel hatte Veronica Bamber in ihrer Keynote zum Tag der Lehre mit der „Achterbahnfahrt“ des Wissenschaftsbetriebs: ständig in Bewegung, auf und ab, manchmal aufregend, oft belastend und nicht immer gut für den Magen. Veronica Bamber ist Professorin em. für Hochschulbildung und Direktorin des Centre for Academic Practice der der Queen Margaret University Edinburgh. Sie zeigte anschaulich die Umwälzungen in Struktur und Kultur der Hochschullandschaft sowie im akademischen Arbeiten und Leben.
Veronica Bamber bot damit eine gute Vorlage für die anschließenden Workshops, die sich ganz praktisch mit guter Lehre unter sich wandelnden Bedingungen befassten.
Einer häufig anzutreffen Ratlosigkeit – auf Seiten von Lehrenden wie Lernenden – gegenüber dem digitalen Wandel in der Lehre begegnete der Workshop von Dr. Andreas Bischof von der TU Chemnitz. Er zeigte, wie „Digital Literacy“ in der Hochschullehre aussehen kann – und dass diese nicht darin besteht, bestehende Formate einfach zu digitalisieren.
Die ganz individuelle Sensibilisierung und Stärkung von Studierenden im Blick auf ihre digitale Selbstwirksamkeit war Ziel des Workshops „What about my Future Skills?“ mit Dr. Jens Schulz von der Hochschule Mittweida. Future Skills: gemeint waren die für den Einstieg in die Berufswelt des 21. Jahrhunderts notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten. Die Workshop-Methode mit Lego Serios Play® hat dabei für den ein und anderen Aha-Effekt gesorgt.
Auch im Wandel beständig und immer wieder neu zu beantworten: Die Frage nach der „Motivierung von Studierenden“. Stefan Müller von der Westsächsischen Hochschule Zwickau erarbeitete in seinem Workshop mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern neue philosophisch-lernpsychologische Zugänge zum Phänomen „Motivation“. Gemeinsam diskutierte man konkrete Ideen und Ansätze zur Motivierung – und überlegte, wie diese sich in der eigenen Lehre umsetzen lassen.
Laut Studien lernen Studierende am meisten von ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen – untereinander und miteinander. Tutorinnen und Tutorinnen sind auch im Zeitalter digitalisierten Lernens wichtige Begleiter. Die aber brauchen eigene Schulung, Unterstützung und Begleitung durch die Hochschule. Im „Come Together für Tutorinnen, Tutoren und solche, die es werden wollen” beim Tag der Lehre tauschten sich unter der Moderation von Susan Lippmann zukünftige und erfahrene Tutorinnen und Tutoren aus über Erfolge und Stolpersteine, über gute Tutorienarbeit und professionelle Begleitung durch die Hochschule. Ab Sommersemester 2020 wird die Hochschule Mittweida eine fakultätsübergreifende Schulung für Tutorinnen und Tutoren anbieten.
Im kommenden Jahr steigt die Hochschule Mittweida auch in die Systemakkreditierung ein, ein aufwändiges und die ganze Hochschule einbeziehendes Verfahren, an dessen Ziel die Hochschule das Recht erhält, über ihr eigenes internes Qualitätssicherungssystem das Akkreditierungssiegel für ihre Studiengänge zu verleihen. Regelmäßige Bewertungen der Studiengänge und der für Lehre und Studium relevanten Leistungsbereiche sind dafür Voraussetzung. Damit ist der Prozess insgesamt eine Herausforderung an das Qualitätsmanagement-System, die viele Beteiligte aus Lehre und Hochschulmanagement mitgestalten müssen. In ihrem Workshop „Auf dem Weg zur Systemakkreditierung“ haben Ester Schulze und Claudia Minet mit Studiengangverantwortlichen das Ungetüm Systemakkreditierung erhellt und Möglichkeiten für die Selbstbegutachtung und Weiterentwicklung von Studiengängen zusammengetragen.
Bereits an den beiden Tagen vor dem Tag der Lehre bot der Workshop von Dr. Sebastian Walzik Auswege aus einem Dilemma, das Lehrende und Lernende seit je her Bauchschmerzen bereitet: „Wir sind mit dem Stoff nicht durchgekommen“ – und sodann der geforderten Breite des Curriculums die nötige Tiefe der Stoffdurchdringung zu opfern. Unter der Überschrift „Kompetenzorientiert lehren & Stoff didaktisch sinnvoll reduzieren“ zeigte der im Rahmen des Weiterbildungsprogramms des Hochschuldidaktischen Zentrums Sachsens (HDS) durchgeführte Workshop andere Wege auf, nämlich Tiefe dem Vorzug vor Breite zu geben, ohne „zu wenig“ Stoff zu vermitteln, und Möglichkeiten, wie dieser von den Lernenden beherrscht und angewendet werden kann.
Preis für exzellente Lehre
Gute Lehre wird an der Hochschule Mittweida alle zwei Jahre ausgezeichnet. Die Verleihung des „Preis für exzellente Lehre“ war Höhepunkt und Abschluss des Tags der Lehre. Der Preis wird vergeben für herausragende Lehrleistung, didaktische Kompetenz sowie für Praxis-/Forschungsbezug und Aktualität in Lehr- und Lernmaterialien. Das Preisgeld in Höhe von eintausend Euro wird von Alumnus Fredi Recknagel gespendet und ging in diesem Jahr zu gleichen Teilen an zwei Lehrende der Hochschule: Professorin Dr. phil. Isolde Heintze (Fakultät Soziale Arbeit) und Dipl.-Math. David Nebel M.Sc. (Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften).
Beide hatten sich gegen 16 weitere Mitnominierte aus allen Fakultäten durchgesetzt, die von Studierendengruppen, einzelnen Studierenden, Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgeschlagen worden waren.
In ihrer Laudatio auf Isolde Heintze bekannte Studentin Frederike Bremer vom Fachschaftrat der Fakultät Soziale Arbeit augenzwinkernd: „Die Begeisterung der Studierenden ist für das von ihr gelehrte Modul in der Regel begrenzt, da es recht theorielastig ist.“ Aber: „Dennoch schafft sie es, alle Lerntypen anzusprechen und die Lehrveranstaltung abwechslungsreich zu gestalten. Ihr liegt merklich stark am Herzen, dass wir als Studierende den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis verstehen. Immer wieder regt sie uns auch an, in Diskurs mit unseren Mitstudierenden zu treten.“
Frederike Bremer verwies auch auf die Forschungstätigkeit und das Engagement der ausgezeichneten Professorin in Hochschulgremien und Fachverbänden. Schließlich zitierte sie eine Kommilitonin: „Als Studierender hat man nie das Gefühl, Frau Heintze zu nerven“.
In der Laudatio für David Nebel hob der Studierendenvertreter der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften hervor, dass die Beliebtheit des Faches und die Beliebtheit des Lehrenden in einem Kontrast stehen: „Die Disziplin der Mathematik wird häufig gefürchtet, was zu Lernblockaden führen kann. David Nebel nimmt mit seinem sehr vorbildlich strukturierten Unterricht vielen Studierenden die Angst vor den Prüfungen.“ So sei es nicht überraschend gewesen, dass er für den Preis nominiert wurde.
Der Mathematiker verantwortet die Harmonisierung der unterschiedlichen Studienvoraussetzungen in der Studieneingangsphase, sorgt so dafür, dass individuelle Defizite aus der Schulmathematik erkannt und ausgeglichen werden. Hohes Fachwissen und ausgeprägte Lehrkompetenz treffen bei David Nebel auf „eine sehr menschliche, authentische und bemerkenswert geduldige Art“, so der Laudator.
Hochschulbildung – hoch angehängt und umfassend verstanden
Der Tag der Lehre an der Hochschule Mittweida findet jährlich unter der Regie des Prorektorats Bildung statt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Prorektorats mit seinem Leiter Prof. Dr. oec. Volker Tolkmitt engagieren sich unter anderem für die Einführung innovativer Lehr- und Lernformen und begleiten und unterstützen Lehrende dabei; sie gestalten mit Blick auf den Erfolg der Studierenden Studien- und Lehrprozesse, sie initiieren Maßnahmen der Studienerfolgssteigerung und Qualitätssicherung; schließlich entwickeln sie zusammen mit den Fakultäten das Lehrprofil der Hochschule weiter.