”Välkommen till presentationen av Nobelprisen!” Bei Glühwein und Spekulatius stellten die Professoren Röbbe Wünschiers, Alexander Horn, Dirk Labudde und Alexander Knauer am 9. Dezember die Preisträger der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung, des Nobelpreises, vor. Die Nobelpreisvorlesung gehört für die Mittweidaer Studentinnen und Studenten zur Vorweihnachtszeit wie für andere ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt. Auch Zuhörerinnen und Zuhörer aus der Hochschulstadt Mittweida ließen sich wieder locken. „Die Tradition führen wir nun seit 8 Jahren“, eröffnete Röbbe Wünschiers den Abend. Er selbst forschte und lebte drei Jahre in Schweden und erlebte die Aufregung und Feierlichkeit im Land mit.
“For the greatest benefit to humankind”
In seinem Testament verfügte der schwedische Dynamiterfinder Alfred Nobel, dass mit seinem Nachlass eine Stiftung gegründet werden soll, die jährlich einen Preis an herausragende wissenschaftliche Leistungen vergibt. Das Preisgeld sollte dabei zu gleichen Teilen für die Gebiete der Physik, Chemie, Medizin/Physiologie und für Friedensbemühungen verteilt werden. 1901, fünf Jahre nach seinem Tod, verlieh die Nobelstiftung den ersten Nobelpreis. „Jedes Jahr am 10. Dezember, Alfred Nobels Todestag, werden im Konzerthuset in Stockholm die Preise übergeben“, erklärte Wünschiers.
Röbbe Wünschiers, Professor für Biochemie und Molekularbiologie an der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften, stellte die Preisträger der Kategorie Physiologie und Medizin vor: Die Amerikaner William Kealin und Gregg Semenza und der Brite Peter Ratcliffe, erkannten, wie in Zellen der Sauerstoffgehalt in der Umgebung wahrgenommen wird und wie sie darauf reagieren. Die drei Forscher entdeckten das körpereigene Regulierungssystem aus Proteinen, mit dem die Zellen den eigenen Stoffwechsel an geringe Sauerstoffwerte anpassen - zum Beispiel, wenn Muskelzellen beansprucht werden. Mit ihrer Erkenntnis legten die Forscher den Grundstein für die Entwicklung neuer Methoden zur Behandlung von Krebs oder Blutarmut sowie weiterer Erkrankungen.
Die Preisträger der Kategorie Physik präsentierte Professor Alexander Horn von der Fakultät Ingenieurwissenschaften: Michel Mayor und Didier Queloz, Kosmologen aus der Schweiz, und James Peebles aus Kanada trugen maßgeblich dazu bei, das Verständnis über unser Universum zu vergrößern. Mit analytischen Methoden forscht Peebles seit den 1960er Jahren über die Geschichte des Universums. Durch seine Entdeckungen, konnte nachgewiesen werden, dass die Menschheit nur fünf Prozent unseres Universums kennt. Der Rest besteht aus unbekannter dunkler Materie und dunkler Energie. Michel Mayor und Didier Queloz endeckten 1995 zum ersten Mal einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Dafür setzten sie die Spektralanalyse-Methode ein. Dieser Exoplanet ist rund 50 Lichtjahre von uns entfernt und ähnelt dem Gasplaneten Jupiter. Seitdem konnten etwa 4000 weitere Exoplaneten nachgewiesen werden
Den Chemie-Nobelpreis stellte Bioinformatik- und Forensikprofessor Dirk Labudde von der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften vor. Das Nobelpreiskomitee zeichnete drei Wissenschaftler für ihre Grundlagenforschungen zu Lithiumbatterien aus. Diese Lithiumbatterien versorgen Smartphones oder Tablets und ermöglichen die Entwicklung von Elektroautos mit größerer Reichweite. Dabei legte der Britte Stanley Whittingham in den 1970er Jahren den Grundstein mit der Entdeckung von Titansulfid, das Lithium-Ionen einbauen kann. In einer Batterie stellt Titansulfid ein vergleichsweise effizientes aber auch sehr reaktionsfreudiges Material dar. An dieser Stelle knüpfte der Amerikaner John Goodenough 1980 an, entwickelte eine Batterie mit Kobaltoxid und vergrößerte damit ihr Potenzial. Der Japaner Akira Yoshino konstruierte 1985 die erste kommerziell einsetzbare Lithium-Ionen-Batterie. Dafür verwendete er Petrolkoks, das ebenfalls Lithium-Ionen aufnehmen kann. Mit diesem Stoff kann sich die Batterie hunderte Male aufladen lassen, bevor sich ihre Leistung verschlechtert.
Mit der Kategorie Wirtschaft beschäftigte sich Professor Alexander Knauer von der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften. Der Wirtschafts-Nobelpreis ist der einzige, der nicht auf Alfred Nobels Testament zurückgeht. Seit 1969 stiftet die Schwedische Zentralbank das Preisgeld. Die Preisträger wurden für ihren experimentellen Ansatz geehrt, die globale Armut zu lindern. Mitte der 1990er Jahre testete der amerikanische Ökonom Michael Kremer Möglichkeiten, die Lernergebnisse von Schülern im Westen Kenias zu verbessern. Mit verschiedenen Feldstudien in den Schulen unterschiedlicher Dörfer beobachtete und evaluierte er, welche finanziellen Maßnahmen sinnvoll sind. Zu ähnlichen Fragen in anderen Ländern forschten auch der indische Ökonom Abhiijt Banerjee und dessen Frau, die Französin Esther Dufo. Durch ihre Erkenntnisse konnten bereits Fortschritte in der Gesundheitsversorgung vieler Länder erreicht werden. Mit 47 Jahren ist Duflo die jüngste Person, der je der Wirtschafts-Nobelpreis verliehen wurde.
Nicht nur Glühwein und Spekulatius
Die kurze Darstellung der Nobelpreisträger und ihrer Forschung kommt jedes Jahr gut an. Wieder fast alle Plätze waren von Studenten, Dozenten und Ehemaligen besetzt, die sich für Wissenschaft auch jenseits ihrer Disziplin interessieren und dabei gern einen Glühwein trinken. Genauso, wie es im nächsten Jahr wieder Weihnachten wird, wird es wieder eine Nobelpreisvorlesung an der Hochschule Mittweida geben, erklärte Röbbe Wünschiers: „denn auch das Nobelpreiskomitee bearbeitet bereits jetzt die Bewerbungen für das nächste Jahr.“.