Empfehlung zur gendersensiblen Sprache
Hochschulen stehen neben den klassischen Aufgaben der Wissensvermittlung und Qualifizierung auch für Dialog, Diskussion und Kontroversen. Gesellschaftliche Veränderungen spiegeln sich in wissenschaftlichen Diskursen wider und werden im Hochschulalltag sichtbar und erlebbar.
Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Personenstandsgesetzes am 15.08.2018 kann im Geburtenregister nun neben “weiblich” und “männlich” auch “divers” eingetragen bzw. auf eine Geschlechtsangabe völlig verzichtet werden, so sich Personen weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen können.
Mit dieser Entwicklung erfuhr auch die Gender-Debatte eine neue Dynamik.
“Sprache ist das Medium aller Medien, es liegt allen anderen Medien zugrunde (L.F. Push 2022)”
In der geschriebenen und gesprochenen Sprache werden entsprechende Veränderungen ebenfalls deutlich und es ist eine höhere Sensibilität erkennbar. So hat das Gendersternchen binäre Varianten und ebenso den Unterstrich abgelöst. In letzter Zeit erfährt aber auch der Doppelpunkt in Hochschulen und wissenschaftlichen Kontexten großen Zuspruch. Diese Entwicklungen haben u.a. dazu geführt, dass der Wunsch nach einheitlichen und abgestimmten sprachlichen Mitteln zum Ausdruck gebracht wurde.
Mit der Empfehlung zur gendersensiblen Sprache an der HSMW wurde diesem Wunsch Rechnung getragen. Es handelt sich um eine Empfehlung zur gendersensiblen verbalen und schriftlichen Kommunikation, die sich an alle Hochschulangehörigen und weitere Interessierte richtet, die auf der Suche nach einer Orientierung zur geschlechtersensiblen Sprache an der HSMW sind.
Empirische Erkenntnisse und Veröffentlichungen
• Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS): „STANDPUNKTE – Rechtliche Einschätzung staatlicher ‚Genderverbote‘“ vom 13.05.2024.
• Stellungnahme der Konferenz der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum (KEG) zu „Gender-Sprache“ vom 06.08.2024: Stellungnahme KEG
• Argumente für gender- und diskriminierungssensibilisierte Sprache bei Caroline Lasserre, Marie-Louise Reuter und Clara Witaszak 2023: https://openrewi.pubpub.org/pub/w5h2p411/release/2?readingCollection=8c354619
• Die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (BFIT) hat die Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache aus dem August 2021 aktualisiert: https://www.bfit-bund.de/DE/Publikation/digitale-barrierefreiheit-semiotik-genderzeichen.html
• Aus einer Studie in Deutschland und Belgien geht hervor, dass bei einer geschlechtersensiblen Darstellung von Berufen, bspw. die Ingenieurin und der Ingenieur, Mädchen und Jungen diese Berufe erreichbarer einschätzten:
Dries Vervecken, Bettina Hannover 2015: Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job diffi-culty, and vocational self-efficacy. In: Social Psychology. Band 46, Heft 2, 2015, S. 76–92. doi:10.1027/1864- 9335/a000229.
• Ähnliche Studienergebnisse, die auf die Bedeutung der Berücksichtigung von männlichen und weiblichen Berufsbezeichnungen hinweisen, sind bei Karin Kusterle zu finden: Kusterle, Karin 2011: Die Macht von Sprachformen. Der Zusammenhang von Sprache, Denken und Genderwahrnehmung. Frankfurt am Main: Brandes & Apsel.
• Blake (2010) hebt in seiner Untersuchung zu Nachrichtentexten hervor, dass neben einer verbesserten Wahrnehmung beider Geschlechter auch geschlechtergerechte Schreibweisen nicht zu einer Einschränkung der Lesbarkeit und sprachlichen Ästhetik führen: Christopher Blake 2010: Geschlechtergerechte Formulierungen in Nachrichtentexten. In: Publizistik. Band 55, Nr. 3, September 2010, S. 289–304. doi:10.1007/s11616-010-0093-2.
• Zu den Erkenntnissen einer nicht eingeschränkten Lesbarkeit durch geschlechtersensible Schreibweisen kommt eine weitere Untersuchung:
Friedrich, M. C. G. & Heise, E. 2019: Does the use of gender-fair language influence the comprehensibility of texts? An experiment using an authentic contract manipulating single role nouns and pronouns. Swiss Journal of Psychology, 78, 51-60.